Dänemark:Ausflippen wegen Jesuslatschen

Sandalen mit religiösen Motiven auf der Innensohle erregen viele religiöse Gemüter in Dänemark.

Gerhard Fischer

Sie hatten vor 20 Jahren ihre beste Zeit: die Alternativen. Sie demonstrierten gegen den Nato-Doppelbeschluss, sie trafen sich auf Kirchentagen, sie saßen für die Grünen im Bundestag und sie verloren nie ein böses Wort. Sie trugen Latzhosen und im Sommer Sandalen, bevorzugt Birkenstock. Leute mit spitzer Zunge nannten die Schuhe "Jesuslatschen". Die Supermarkt-Kette "Kvickly" in Dänemark hat den Ausdruck offenbar zu wörtlich genommen: Sie führt seit kurzem Sandalen mit Jesus-Bildern und Jungfrau-Maria-Aufdrucken im Sortiment. Das hat viele Menschen böse gemacht.

Kunden protestieren in den "Kvickly"-Läden, Pastoren rufen in der Zentrale an. Vertreter der evangelisch-lutherischen Volkskirche sprachen von einem "falschen Signal", die katholischen Kollegen gar von "Blasphemie". Der Priester Benny Blumensaat aus Esbjerg hat gedroht, die Supermarkt-Kette, die zu Coop gehört, zu verklagen. Außerdem überlegt er, ob er zu einem Boykott der "Kvickly"-Geschäfte aufrufen soll.

"Wir Katholiken beten zu Jesus und Maria, und jetzt wollen sie, dass wir sie mit Füßen treten. Das ist Gotteslästerung und eine ernste Verletzung der religiösen Gefühle der Gläubigen", wetterte Johannes Gram Kulis, der stellvertretende Vorsitzende der Gemeinde von Vordingborg südlich von Kopenhagen.

Taten, nicht bloß Worte wurden aus Viby bei Aarhus gemeldet: Die dänische Nachrichtenagentur "Ritzau" berichtete, dass erboste Kunden in einem "Kvickly"-Laden die Sandalen so stark beschädigt hätten, dass sie nicht mehr verkauft werden können. Die Saboteure seien Christen aus dem Nahen Osten gewesen - und nicht nur in der arabischen Kultur gilt es offenbar als Beleidigung, mit der bloßen Fußsohle auf etwas zu treten, das man ehren sollte.

Bei "Kvickly" ist man fassungslos. "Wir hatten uns nichts dabei gedacht", sagte Konzern-Sprecher Jens Juul Nielsen, "wir haben das nicht religiös gedeutet und wären nie darauf gekommen, dass unsere Kunden es so sehen könnten." Coop habe die Latschen mit den religiösen Motiven, "die sehr schön und sehr trendy sind", in London entdeckt und beschlossen, im Fernen Osten eine Sommerkollektion mit Sandalen und T-Shirts produzieren lassen. Das Unternehmen will jetzt seine Läden im ganzen Land kontaktieren, um einen Überblick über die Reaktionen der Kunden zu bekommen - und über den bisherigen Verkauf der Sandalen.

Unterdessen hat die Supermarktkette auf die heftigen Proteste auch der lutherischen Staatskirche reagiert und die umstrittenen Latschen aus dem Angebot genommen. 4000 Stück waren bereits verkauft worden.

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