SZ-Serie „Ein Anruf bei ...“Die Erfindung der afrikanischen Currywurst

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Einmal Currywurst mit Pommes. Das kostet bei Fabian Förster 6,30 Euro.
Einmal Currywurst mit Pommes. Das kostet bei Fabian Förster 6,30 Euro. (Foto: Florian Peljak)

Fabian Förster aus Lemgo in Nordrhein-Westfalen betreibt eine Currywurstbude in Nairobi und versucht, die Kenianer für deutsche Wurst zu begeistern. Sein nächstes Projekt: die Kohlroulade.

Interview von Paul Munzinger

Fabian Förster, 32 Jahre alt, hat im vergangenen Jahr eine Currywurstbude in Kenias Hauptstadt Nairobi eröffnet. Ihr Name: „Dieter’s Grill: Authentic German Wurst“. Nur: Haben die Kenianer überhaupt Lust auf deutsche Wurst?

SZ: Herr Förster, wie läuft der Laden?

Fabian Förster: Der Start war recht träge, weil es ein bisschen gedauert hat, unser Imbissformat und vor allem die Currywurst hier bekannt zu machen. Aber es wird immer besser. Wir haben den Laden, wo die Kunden sich eine Wurst direkt auf die Hand holen können. Und wir haben das Liefergeschäft, das für uns viel wichtiger ist, weil die Menschen hier in Nairobi ihr Essen viel übers Internet bestellen. Wir kommen dann mit speziellen Öfen, die die Würste und die Pommes warm halten, und bereiten alles an Ort und Stelle frisch zu. Aber um eine Currywurst zu bestellen, müssen die Leute natürlich erst mal wissen, dass es so etwas gibt.

Und jetzt wissen sie es?

Die Bratwurst verkauft sich immer noch deutlich besser als die Currywurst. Aber es wird mehr, auch weil wir die Currywurst gezielt auf den Bestellplattformen im Internet platzieren. Wir haben jetzt auch Burger ins Angebot genommen, die gut laufen, normale Burger und Schnitzelburger. Und wenn man einen Burger bestellt, bekommt man momentan eine Currywurst gratis dazu. Wir wollen die Leute heranführen an dieses Produkt.

Heranführen an die Currywurst.

Genau. Und als Nächstes wollen wir sie auch an die Kohlroulade heranführen. Wir suchen nur noch einen guten Namen. „Cabbage Role“ wäre die mehr oder weniger wörtliche Übersetzung, aber das finde ich nicht so charmant. Mein Favorit ist gerade „German Sushi“.

Fabian Förster, Betreiber einer Currywurstbude in Nairobi, Kenia.
Fabian Förster, Betreiber einer Currywurstbude in Nairobi, Kenia. (Foto: privat)

Ihr Laden heißt „Dieter’s Grill“. Wer ist Dieter?

Dieter war mein Opa. Ich habe den Laden nach ihm benannt, weil er ein toller, engagierter und für mich sehr wichtiger Mensch war. Er war Malermeister und hatte einen eigenen Betrieb, wo ich als Kind viel Zeit verbracht habe. Außerdem ist Dieter einfach ein schöner deutscher Name, der gut zu einem Imbiss passt. Also habe ich die Familie gefragt, was sie von „Dieter’s Grill“ halten, und alle waren einverstanden.

Wie kamen Sie dazu, in Kenia Wurst zu verkaufen?

Ich komme eigentlich aus Lemgo in Nordrhein-Westfalen und ich bin kein Metzger, sondern habe Kaufmann gelernt und BWL studiert. Aber ich mag einfach Currywurst unfassbar gerne. Schon als ich noch in Deutschland war, habe ich immer wieder überlegt, ob ich nicht eine Wurstbude aufmachen soll. Als meine Frau dann für einen Job und ihre Doktorarbeit nach Kenia gezogen ist und ich mitgegangen bin, habe ich mir gesagt: Das probiere ich jetzt mal aus. Hier ist das was komplett Neues, was Exotisches. Und ich kann selbst mein bester Kunde sein.

Die Currywurst gilt ja in Deutschland seit Gerhard Schröder als „Kraftriegel“ der deutschen Arbeiterklasse. Wer kauft sie in Nairobi?

Unsere Currywurst wird von einer regionalen Fleischerei nach einem Rezept aus meiner Heimatstadt hergestellt, nicht in Massenproduktion. Daher ist sie für hiesige Verhältnisse recht teuer. Eine Currywurst verkaufen wir für 600 kenianische Schilling, das sind knapp vier Euro. Mit Pommes kostet sie 950 Schilling, 6,30 Euro. Unsere Zielgruppe sind daher eher wohlhabendere Kenianerinnen und Kenianer – und Expats, die internationales Essen kennen.

Kriegt man in Kenia alles, was man für eine Wurstbude braucht – Fleisch, Soße, Maschinen?

Ja und nein. Frische Bratwürste sind hier bekannt, die kriegt man ohne große Probleme. Aber klassische deutsche Bratwürste, die schon gebrüht sind, gibt es nicht. Die Brühmaschine mussten wir für die hiesige Fleischerei in Südafrika kaufen und herbringen. Die Würste sind gut, aber ich bin noch nicht zu hundert Prozent zufrieden. Sie sind mir noch zu grob. Deshalb haben wir gerade noch eine andere Maschine in Deutschland gekauft, einen „Deluxe Cutter“, um feine Bratwürste machen zu können. Und den Currywurstschneider habe ich natürlich auch aus Deutschland mitgebracht.

Über „Dieter’s Grill“ hat in den vergangenen Wochen der Spiegel, die Hannoversche Allgemeine, der „Weltspiegel“ und das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Unter anderem. Wundert es Sie, dass sich deutsche Medien so für Ihre Würste interessieren?

Schon ein bisschen. Ich war überrascht, dass so viele Anfragen kamen, dass das Thema so großes Interesse weckt.

Haben Sie eine Erklärung?

Die Wurst ist natürlich ein Kulturgut, vor allem die Currywurst. Aber wahrscheinlich liegt es vor allem daran, dass die Leute einfach zur Abwechslung mal wieder eine positive, eine leichte Story lesen wollen. Und vielleicht hilft es auch, dass ich kein deutscher Rentner bin, der eine Wurstbude aufgemacht hat. Sondern ein junger Mann, der einfach die Currywurst liebt.

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