Countdown:3, 2, 1 - meins!

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Szene aus dem Stummfilm "Frau im Mond" mit extra viel Ostseesand. (Foto: NZ via www.imago-images.de/imago images/Prod.DB)

Raketenstart, Actionfilm, Oktoberfest-Anstich - nun lässt auch Helene Fischer auf ihrer Homepage rückwärts zählen. Eine kleine Geschichte des Countdowns, die bis ins Jahr 1929 zurückreicht.

Von Martin Zips

Hätte Fritz Lang nur gewusst, was er mit seiner Erfindung anrichtet! Im Stummfilm "Frau im Mond" lässt der Filmvisionär ("Metropolis") im Jahr 1929 erstmals rückwärts zählen. "Drei, zwei, eins, starten" ist auf den Schrifttafeln zu lesen. Dann hebt sie ab, die Rakete, in die zuvor einige Männer und eine Frau über eine Strickleiter geklettert sind. Seitdem hat sein "Countdown" weltweit Karriere gemacht. Nicht nur im Kino und der bemannten Raumfahrt, sondern zum Beispiel auch auf der Homepage der deutschen Schnulzensängerin Helene Fischer. Hier ist es wohl ihre neue Single, welche gerade dabei ist, abzuheben.

Aber gut, heutzutage verfügt natürlich jedes Handy über eine Countdown-Funktion und kaum ein Actionfilm ("Goldfinger", "Octopussy", "RoboCop") kommt ohne dieses Spannungselement aus. In der heimischen Einbauküche zählen die Eieruhren rückwärts und auf der Bühne beschwört die greise Gruppe Europe seit Jahren schon ihren "Final Countdown". Manchmal nimmt es freilich groteske Züge an, wenn zum Beispiel im Fernsehen wieder zum "Eurovision-Countdown" mit Barbara Schöneberger geladen wird oder - wie vor Beginn des Golfkriegs 1991 - ein Kölner Privatsender eine Uhr bis zum Ablauf des von den USA gesetzten Ultimatums an Saddam Hussein runterzählen lässt. Mal ist vom Countdown zur nächsten Bundestagswahl zu lesen, dann vom Countdown für den Brexit. Der Mensch lässt seine Uhren eben gerne rückwärts laufen, das ist irgendwie spannender. Ob bei Internet-Auktionen, Sportveranstaltungen, in der Neujahrsnacht oder beim Bayerischen Fernsehen, wenn mal wieder Oktoberfest-Anstich ist.

Die taz hat dieser Tage spekuliert, dass sich Frau Fischer nach Ablauf ihrer Internet-Uhr vielleicht ins All schießen werde, um dort jedoch - anders als Sir Richard Branson oder Jeff Bezos - auf Sauerstoff zu verzichten. Denn (kleiner Scherz der Kollegen aus Berlin): "Atemlos durch die Nacht".

Studentin Friede auf dem Erdtrabanten

Wie auch immer: Welch visionäre Idee der österreichisch-deutsche Filmregisseur Fritz Lang da einst hatte, das zeigt sich schon an der Liste seiner Premierengäste, welche 1929 im Berliner Ufa-Palast vor der Leinwand Platz nahmen. Nobelpreisträger Albert Einstein war bei der "Frau im Mond"-Uraufführung ebenso dabei, wie Hermann Oberth, Filmberater und später Mitentwickler der Nazi-Rakete V2. Der Film muss für Physiker recht inspirierend gewesen sein, denn im Jahr 1964 wurde Fritz Lang sogar ins US-Raketenversuchszentrum nach Huntsville eingeladen, wo man ihn, so schreibt er später in einem Brief, als "father of the rocket science" sowie als Erfinder des Countdowns würdigte.

Am Ende des Stummfilms landet übrigens eine Studentin namens Friede auf dem Erdtrabanten. Dort verliebt sie sich in einen Mitreisenden und bleibt mit ihm glücklich im Mondstaub zurück (beziehungsweise in der Babelsberger Filmkulisse mit tonnenweise von der Ostsee angekarrtem Dünensand). Letztlich, das will uns Fritz Lang wohl damit sagen, ist das ganze Leben nichts anderes als ein permanenter Countdown. Saublöd, wer ihn verstreichen lässt.

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