Österreich:Eine Kette von Fehlern in Ischgl

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Das Coronavirus konnte sich vom Tiroler Skiort aus unkontrolliert ausbreiten. (Foto: Jakob Gruber/dpa)

Nach und nach wird klar, dass Verantwortliche und Behörden fahrlässig in dem österreichischen Skiort nach dem Corona-Ausbruch gehandelt haben.

Von Leila Al-Serori, Wien

Eineinhalb Stunden bevor die österreichische Regierung am 13. März eine Quarantäne über das Tiroler Paznauntal verhängte, brach im dortigen Skiort Ischgl rege Aufregung aus. Einige Hoteliers und Wirte entließen ihre Saisonarbeiter und legten ihnen nahe, das Tal zu verlassen, berichtet der ORF. Der Tiroler Tourismusverband hatte sie im Vorhinein über die geplanten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus informiert. Dass manche Hoteliers ihre Arbeiter daraufhin entlassen und diese womöglich selbst das Virus in die Welt verteilen könnten, wurde offenbar nicht bedacht.

Ende Februar soll zudem ein erster positiver Corona-Fall in einer Après-Ski-Bar vertuscht worden sein. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat deshalb am Dienstag gegen den Barbetreiber Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten eingeleitet. Und es sind noch weitere ähnliche Strafanzeigen bei den Behörden eingegangen.

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Island erklärt Ischgl schon Anfang März zum Risikogebiet. Doch erst acht Tage später wird der Tiroler Skiort unter Quarantäne gestellt, Hunderte Urlauber reisen unkontrolliert nach ganz Europa aus.

Von Leila Al-Serori

Das sind nur die neuesten Puzzlesteine im Fall Ischgl, der Österreich seit Tagen beschäftigt. Immer mehr Versäumnisse der Verantwortlichen wurden zuletzt aufgedeckt, die wohl dazu führten, dass sich Sars-CoV-2 vom Tiroler Skiort aus unkontrolliert ausbreiten konnte. Hunderte Touristen aus ganz Europa haben sich nachweislich in Ischgl mit dem Virus infiziert und kehrten in ihre Heimat zurück. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erklärte vergangene Woche, dass die steigenden Fallzahlen in Deutschland auch auf die Skiurlaub-Rückkehrer aus Österreich zurückzuführen seien.

Dabei hatten isländische Behörden bereits am 5. März, also acht Tage vor Verhängung der Quarantäne, Ischgl zum Risikogebiet erklärt, nachdem bei einer Reisegruppe 15 Covid-19-Fälle aufgetreten waren. Die Namen der Betroffenen wurden den Tiroler Behörden übermittelt, diese untersuchten daraufhin die Kontaktpersonen der Gruppe in Ischgl. Zu anderen Maßnahmen kam es aber offenbar nicht.

Kurz darauf kam es im Ort selbst zum ersten offiziellen Fall, ein Mitarbeiter der Après-Ski-Bar Kitzloch wurde positiv getestet. Dass sich andere angesteckt haben könnten, wurde von den Behörden damals allerdings als unrealistisch eingestuft. Zwei Tage später, am 9. März, wurde das revidiert: Denn allein dieser Mitarbeiter hatte nachweislich 15 weitere Menschen angesteckt.

Es vergingen aber noch mal vier Tage, bis der Ort abgeriegelt wurde, und dann weitere zwei, bis der Liftbetrieb eingestellt wurde. Auch danach passierten offenbar noch gröbere Fehler: So konnten einige Touristen nach Verhängung der Quarantäne nicht wie eigentlich vorgesehen ohne Umwege nach Hause zurückkehren, sondern quartierten sich unterwegs ein, wie die Landesregierung der SZ bestätigte. Man habe aber bestmöglich kontrolliert, dass es zu keinem Kontakt mit weiteren Personen komme. Die Spirale war da allerdings schon längst in Gang - in den Folgetagen meldeten Norwegen, Dänemark, Großbritannien und vor allem Deutschland Hunderte Fälle von Menschen, die sich in Ischgl angesteckt hatten.

Den Behörden und politisch Verantwortlichen wie Tirols Landeshauptmann Günther Platter wird seither vorgeworfen, zu spät auf die Entwicklungen reagiert und allzu sehr auf die Seilbahn- und Tourismusindustrie Rücksicht genommen zu haben, die gegen ein vorzeitiges Saisonende protestierten - und Medienberichten zufolge lautstark intervenierten. Eine unabhängige Expertenkommission soll nun die Vorwürfe und offenen Fragen klären.

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