Süddeutsche Zeitung

Spanische Exklave in Nordafrika:Ausreise unmöglich

Hunderte europäische Touristen sitzen vor der spanischen Exklave Ceuta in Marokko fest. Das Auswärtige Amt versucht fieberhaft, eine Lösung zu finden.

Von Thomas Urban, Madrid

Marokko ist zu dieser Jahreszeit ein begehrtes Reiseziel, doch für Hunderte Touristen aus den Ländern nördlich der Alpen, die mit Wohnmobilen und Privat-PKW in Marokko unterwegs waren, wartete dort eine böse Überraschung. Die spanische Grenze in der nordafrikanischen Exklave Ceuta wurde in der Nacht zum Montag um Mitternacht abgeriegelt. Am Montagnachmittag standen knapp 400 Wohnmobile sowie Dutzende von Personenwagen in einer langen Schlange vor den geschlossenen Schranken, während das Auswärtige Amt in Berlin fieberhaft versuchte, mit den spanischen Behörden in Madrid eine Lösung zu finden.

Das knapp 80 000 Einwohner zählende Ceuta ist durch Fähren mit Europa verbunden, der kürzeste Weg führt in die Hafenstadt Algeciras gegenüber von Gibraltar. Die Fahrt der Fähren über die Straße von Gibraltar dauert rund 40 Minuten.

Die 23-jährige Graphikdesignerin Naemi Limprecht aus der Nähe von Freiburg im Breisgau, unterwegs im Wohnmobil gemeinsam mit ihrem Vater, schickte der SZ am Montag einen Situationsbericht: Am Sonntagabend seien noch 30 bis 40 Wagen mit europäischen Urlaubern in einem Schwung über die Grenze gelassen worden, doch dann sei der Übergang dicht gemacht worden. Die spanischen Behörden hätten die Wartenden in keiner Weise informiert. Auf marokkanischer Seite sei sehr viel Polizei und auch Militär im Einsatz, die Offiziellen träten sehr freundlich auf, seien aber offenkundig auch nicht über die Anweisungen informiert, die die spanischen Grenzer bekommen hätten. Die Marokkaner hätten auch geduldig auf Personen reagiert, die angesichts der Lage "die Nerven verloren" hätten.

Es fehlt offenbar an sanitären Einrichtungen und Trinkwasser, unter den Reisenden seien viele Rentner als auch Kleinkinder. Vertreter der marokkanischen Behörden hätten klargestellt, dass sie den Ausreisewilligen keinerlei Steine in den Weg legen wollten. Die Marokkaner seien auch bemüht, den Wartenden die Situation zu erleichtern. So werde der Müll entlang der Straße zur Grenzstation mehrmals täglich eingesammelt. Die Reisenden seien beunruhigt, weil es nur schwer gelinge, die Empfehlungen über Abstand zwischen Personen zu befolgen.

Der Grenzübergang von Ceuta wurde bereits vor zwei Wochen für Marokkaner für die Einreise auf das spanische Territorium gesperrt. Bislang herrschte dort ein lebhafter kleiner Grenzverkehr: Marokkaner aus der Region brachten, oft zu Fuß mit Handwagen und Rucksäcken, Tabakwaren nach Ceuta und kehrten mit Einkäufen von dort zurück.

Ceuta ist wie ebenso wie die 300 Kilometer weiter östlich liegende Exklave Melilla ein Freihafen, Konsumgüter, Kleidung, elektronische Geräte und Fotoapparate sind dort viel billiger als auf dem spanischen Festland oder in Marokko. Der Grenzverkehr nutzt diese finanziellen Privilegien aus, in der Region leben Tausende davon, denen nun mit der Sperrung die Einkünfte wegbrechen.

Das spanische Innenministerium versandte auf Anfrage eine Erklärung, nach der grundsätzlich allen EU-Bürgern die Ausreise aus Spanien zu ihren Heimatländern erlaubt sei. Das gleiche Recht hätten Staatsangehörige aus mit der EU assoziierten Staaten, also Schweizer und Norweger. Allerdings seien die Grenzübergänge von Ceuta und Melilla vorübergehend geschlossen. Dies bedeutet, dass der Transit aus Nordafrika ausgesetzt ist. Über den Zeitraum der Schließung machte die Erklärung allerdings keine Angaben, nur so viel: Die allgemeinen Regeln würden bis zu 30 Tage gelten.

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