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Corona-Krise:Tierpark denkt über Notschlachtungen nach

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Wegen der Ausgangsbeschränkungen können keine Besucher kommen. Deshalb geht dem Zoo in Neumünster bald das Geld aus, um Futter zu kaufen.

Wo sich während der Osterferien eigentlich die Besucher tummeln sollten, herrscht nun Leere und Stille. Wegen der Ausgangsbeschränkungen können keine Menschen die Zoos und Tierparks in Deutschland besuchen. Das trifft die Zoobetreiber doppelt: Die Einnahmen aus Eintrittsgeldern fehlen, aber die Tiere brauchen auch ihr Futter, das bezahlt werden muss.

Verena Caspari, Direktorin des Zoos im schleswig-holsteinischen Neumünster denkt bereits öffentlich über Notschlachtungen nach. "Wenn - und das ist wirklich der aller worst, worst case - wenn ich kein Geld mehr habe, Futter zu kaufen, oder wenn es passieren sollte, dass mein Futterlieferant aufgrund neuer Restriktionen nicht mehr liefern kann, dann würde ich Tiere schlachten, um andere Tiere zu füttern." Momentan kann sich der Zoo noch durch Spenden finanzieren. "Wir sind ein Verein", erklärte Caspari. "Wir bekommen keine städtischen Gelder, und alles, was wir bis dato an Landesgeldern beantragt haben, ist noch nicht eingetroffen bei uns. Wir überleben aktuell nur durch Spendengelder."

Anstatt geschlachtet zu werden, könnte der Tierpark Neumünster die Tiere auch an andere Zoos abgegeben. Das ist aber bei manchen Tieren nicht so einfach. Der 3,60 Meter große Eisbär "Vitus" zum Beispiel: Er wiegt ungefähr 700 Kilogramm und zählt damit zu den größten Raubtieren in Deutschland. "Wenn es hier ganz hart auf hart kommt, und der Tierpark aufgelöst werden müsste, kann ich den nicht einfach in eine Kiste stecken und woandershin transportieren." So ein großes Tier kriege man nicht mal eben schnell bei einem Kollegen untergebracht. "Es ist kein Pony, das man auch mal in einen Eselstall stellen kann. Er ist ein großes Raubtier, für das man eine adäquate Anlage benötigt." Doch Caspari ist zuversichtlich, dass es nicht so weit kommen wird. Andere Tierparks hätten versprochen, den Neumünsteranern Fisch und Fleisch zukommen zu lassen, "wenn hier der allerschlimmste Fall eintreten würde", sagte sie.

Bereits Ende März hat der Verband der Zoologischen Gärten wegen der Corona-Krise ein Soforthilfeprogramm in Höhe von 100 Millionen Euro für mehr als 50 Zoos in Deutschland gefordert. In einem Brief wandte sich Verbandschef Jörg Junhold, selbst Zoodirektor in Leipzig, auch an Kanzlerin Angela Merkel und wies auf die Notwendigkeit sofortiger Unterstützung hin. Junhold beziffert den Umsatzverlust für einen einzelnen Zoo auf eine halbe Million Euro - pro Woche.

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