Interview am Morgen: Wohnungseinbrüche:"Organisierte Banden werden nicht ihr Geschäft einfrieren"

Versicherer rechnen mit Rückgang von Wohnungseinbrüchen

"Die Chancen und Möglichkeiten für Einbrecher sind derzeit natürlich deutlich schlechter, aber das heißt nicht, dass Einbrüche nicht mehr stattfinden", sagt Experte Josef Moosreiner.

(Foto: Nicolas Armer/dpa)

Mit den Ausgangsbeschränkungen im Frühjahr wurden auch Einbruchsdiebstähle seltener. Jetzt steigen die Zahlen allerdings wieder. Ein Experte vom Bayerischen Landeskriminalamt erklärt, wie man seine Wohnung schützen kann.

Interview von Moritz Geier

Dass die Corona-Pandemie auch Einfluss auf die Kriminalität im Lande nehmen würde, war Experten schnell klar, als es losging im Frühjahr mit den ersten Ausgangsbeschränkungen. Eine Prognose lautete damals: Vor allem Wohnungseinbrüche könnten zurückgehen, jetzt, da die viele Menschen im Home-Office sitzen. Und tatsächlich belegten erste Zahlen diese These: Das nordrhein-westfälische Innenministerium etwa meldete im Mai einen Rückgang von fast 40 Prozent. Im November dann verkündete Bayerns Innenminister Joachim Herrmann für die ersten Monate der Beschränkungen ähnliche Zahlen - aber auch eine schlechte Nachricht: Für den September hätten erste Erkenntnisse bereits wieder "annähernd eine Angleichung zu den Vorjahreswerten" gezeigt. Josef Moosreiner vom Bayerischen Landeskriminalamt, der sich als Experte für technische Prävention unter anderem auch um die Sicherheit von Museen kümmert, erklärt, woran das liegt und wie man sich vor Einbrechern schützen sollte.

SZ: Herr Moosreiner, ist der erhoffte Rückgang bei den Wohnungseinbruchszahlen schon wieder hinfällig?

Josef Moosreiner: Nein, es kann schon sein, dass wir insgesamt unter dem Niveau des Vorjahres bleiben. Aber im Herbst gehen die Wohnungseinbruchszahlen traditionell nach oben.

Woran liegt das?

Einbrecher bevorzugen die Tageszeit, weil spätnachts die meisten Leute zu Hause sind und die Umgebung hellhöriger ist. Und wenn es sehr früh dunkel wird, ist das eine gute Gelegenheit, unbemerkt zu agieren. Auch können sie daran, ob Licht brennt oder nicht, einen ersten Hinweis bekommen, ob jemand zu Hause ist.

Aber müsste das dieses Jahr nicht anders sein? Derzeit verbringen Menschen doch wegen Corona viel mehr Zeit zu Hause.

Die Chancen und Möglichkeiten für Einbrecher sind derzeit natürlich deutlich schlechter, aber das heißt nicht, dass Einbrüche nicht mehr stattfinden. Ich selbst habe es erst im Oktober im eigenen Freundeskreis erlebt, die waren eigentlich nur kurz weg und schon wurde eingebrochen. Organisierte Banden werden ja auch nicht ihr Geschäft einfrieren, bis Corona vorbei ist.

Dass hinter Einbrüchen meist international agierende Banden stecken, häufig aus Ost- und Südosteuropa, hört man oft. Stimmt das denn überhaupt?

Zum Teil. Diese Banden gehen dann sehr arbeitsteilig vor und sind gut organisiert: Die einen räumen die Wohnung aus, geben das Diebesgut sehr schnell weiter. Aber es gibt natürlich eine Vielzahl an Einbruchstätern. Nicht alle agieren professionell, es gibt auch Beschaffungskriminalität oder Leute, denen das Risiko ein Stück weit egal ist. Die brauchen einfach auf die Schnelle 50 Euro.

Interview am Morgen: Wohnungseinbrüche: Josef Moosreiner ist Experte für technische Prävention beim Bayerischen Landeskriminalamt.

Josef Moosreiner ist Experte für technische Prävention beim Bayerischen Landeskriminalamt.

(Foto: privat)

Erschwert Corona vor allem den internationalen Banden die Arbeit?

Das internationale Verschieben von Diebesgut dürfte definitiv schwerer sein, beziehungsweise mit einem höheren Risiko behaftet. Das trägt sicher zu den geringeren Zahlen in diesem Jahr bei. Wegen Corona finden ja generell auch mehr Polizeikontrollen statt.

Welche Wohnungen sind eigentlich besonders gefährdet?

Vor allem Erdgeschosswohnungen in Mehrfamilienhäusern, weil es dort außer Eingangstüren noch Fenster oder Terrassen- oder Balkontüren gibt. Bei Wohnanlagen und Mehrfamilienhäusern kommt auch die größere Anonymität zum Tragen: In einer Siedlung mit lauter Einfamilienhäusern rufen Menschen schneller die Polizei, weil die Menschen ihre Nachbarn besser kennen und verdächtige Aktivitäten schneller auffallen.

Wie sollten sich Menschen gerade in solchen Wohnungen schützen?

Bei der örtlich zuständigen Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle kann man sich informieren und kostenlos beraten lassen. Das Beste ist, wenn man sich von vornherein eine einbruchhemmende Tür einbauen lässt. Am besten mit Prüfzeugnis geprüft und zertifiziert. Man tut sich mit so einer Tür auf jeden Fall etwas Gutes, der Nebeneffekt ist auch eine viel bessere Schalldichte. Wenn die Tür schon einigermaßen solide ist, gibt es auch die Möglichkeit der Nachrüstung, zum Beispiel durch die Montur eines Querriegelschlosses oder einer Mehrfachverriegelung in die Tür. Auch Fenster kann man schützen. Ungesicherte Fenster sind in einem Zeitraum von 20, 30 Sekunden aufzuhebeln.

Klingt alles sehr kostspielig.

Man muss nicht gleich in Richtung Fort Knox gehen, mit vertretbarem Aufwand kann man viel erreichen. Alles, was den Einbruch erschwert und die Täter dadurch mehr Zeit kostet, schreckt sie auch ab. 2019 konnten in Bayern 1456 Einbrüche mittels spezieller Sicherungstechnik verhindert werden, weil die Täter dadurch ihren Einbruchsversuch abgebrochen haben. Von der Kreditanstalt für Wiederaufbau gibt es übrigens auch eine Förderung: Wenn ich eine Wohnungseingangstür mit einer einbruchhemmenden Tür austausche, bekomme ich die ersten 1000 Euro mit 20 Prozent gefördert, den Rest mit 10 Prozent.

Können Smarthome-Überwachungssysteme günstigeren Schutz bieten?

Damit kämpfen wir derzeit ein bisschen, denn viele Leute wähnen sich allein mit ihrem Smarthome in Sicherheit. Das kann natürlich klappen, mit viel Glück, aber es ist nicht das, was wir empfehlen. Im Supermarkt hat man zum Beispiel oft keinen Empfang für Alarmmeldungen aufs Handy. Wenn ich diese dann mit einer halben Stunde Verzögerung bekomme, dann wird's mir wahrscheinlich nicht mehr viel nützen. Richtiger Einbruchschutz fängt definitiv mit einer soliden Mechanik an, man muss dem Einbrecher ein paar Hürden entgegenstellen. Eine hochwertige Einbruchmeldeanlage ist der zweite Schritt, besonders zu empfehlen bei einer abgelegenen Wohnlage oder zum Beispiel für Kunstsammler.

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