SZ-Serie "Alles Gute":Im Miezhaus

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(Foto: Steffen Mackert)

Für die Katze Maggie Lucy bedeutet das Coronavirus nicht etwa soziale Distanz, sondern ganz neue Nähe: Plötzlich sind alle ständig daheim.

Von Milan Pavlovic

Maggie Lucy ist irritiert. Die orange-weiß-rote Hauskatze, ein Gewohnheitstier, liebt Riten und feste Abläufe. Sie lässt uns stets wissen, wann sie ihrem Geschäft nachgegangen ist (und welchem); sie signalisiert, wann sie wo raus möchte (aber nicht durch die Katzenklappe) oder wieder rein (aber nicht durch die Katzenklappe). Sie verbringt mehrere Stunden des Tages damit, ihr Fell zu pflegen, in Posen, die jede Ballerina vor Neid erblassen ließen.

Die anderen Stunden, in denen sie nicht gerade schläft oder sich streicheln lässt, nutzt sie, um an verschiedenen Fenstern die Lage zu sondieren und das Zittern der Äste zu studieren. Sie erhebt ihre Stimme, wenn sie spielen möchte (am liebsten Nachlaufen) und wenn sie abends ihr Gemach im Badezimmerschrank auf dem Frotteetuch beziehen will - aber erst nachdem sie mit uns einen Film oder eine Serie angesehen hat. Oder Sport. Ihr Lieblingssport ist Tennis, manchmal versucht sie, den Ball auf dem TV-Schirm zu stoppen.

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Bis vor gut sechs Wochen ging das so. Das Coronavirus aber hat sie erst mal aus der Bahn geworfen. Plötzlich sind alle Familienmitglieder fast durchgängig im Haus; der Hausherr pendelt nicht mehr nach München und sitzt auch nicht mehr so oft bis Mitternacht am Laptop; der Sohn geht nicht mehr in die Schule gegenüber; die Mutter sitzt neuerdings ebenfalls am Schreibtisch. Die Tennistaschen sind im Keller verschwunden; die Arbeit der bösen Staubsaugerfrau, die sonst donnerstags kam, übernimmt die ganze Familie. Die Katze hat derweil instinktiv die Zahl ihrer Patrouillen im Garten und die Quote ihrer Putzartistik erhöht, vermutlich könnte sie die ganze Welt desinfizieren. Als geborene Hütekatze dreht sie nun ein paar Extrarunden um den Küchentisch, um per Katzen-Voodoo den Schutz des Familienkreises zu stärken.

Inzwischen hat sie sich auf die neue Situation eingestellt. Abends begibt sie sich als Erste auf das Sofa, die "Tagesschau" darf nicht verpasst werden. Morgens kommt sie gerne gegen fünf Uhr, um uns Köpfchen gebend zu zeigen, wie zufrieden sie mit ihrer Welt ist. Nicht auszudenken, wie Maggie Lucy das Ende der Corona-Krise verkraften wird. Es dürften mindestens fünf intensive Katzenwäschen erforderlich sein.

In jeder Krise passiert auch Gutes, selbst wenn man es nicht immer auf den ersten Blick erkennen kann. In dieser Kolumne schreiben SZ-Redakteure täglich über die schönen, tröstlichen oder auch kuriosen kleinen Geschichten in diesen vom Coronavirus geplagten Zeiten. Alle Folgen unter sz.de/allesgute

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