Süddeutsche Zeitung

Berlin:Ein paar Tropfen

Lesezeit: 1 min

Während der Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen setzte die Berliner Polizei einen besonderen Wasserwerfer ein. Der "beregnete" die Protestierenden nur.

Von Martin Zips

Wasserwerfer - bei dem Wort muss man zunächst an Belarus denken, wo Demonstranten Wochenende für Wochenende mit dem harten Strahl der Regierungsmacht zu kämpfen haben. Auch in Berlin wurden nun erstmals seit langer Zeit wieder Wasserwerfer eingesetzt, gegen die Gegner der vom Bundestag beschlossenen Corona-Maßnahmen. Allerdings gab es hier nur eine vergleichsweise sanfte "Beregnung", wie es Polizeisprecherin Anja Dierschke nannte.

Beregnung, das klingt nach fröhlicher Gartenarbeit. Tatsächlich aber waren von der oberösterreichischen Firma Rosenbauer produzierte "WaWe 10" im Einsatz. Die vom Bundesinnenministerium bereits 2009 bestellten Wasserwerfer sind gut zehn Meter lang, 3,70 Meter hoch und haben einen 408-PS-Motor. Aus den Rohren ihres 10 000-Liter-Tanks ist eine 20-bar-Beregnung von mehreren Tausend Litern pro Minute möglich. Besonders ist, dass sich ihr Strahl situationsbedingt abschwächen lässt. Zum Beispiel, wenn sich auch ältere Personen oder Kinder unter den Demonstranten befinden.

Der Einsatz von ursprünglich für die Brandbekämpfung entwickelten Wasserfahrzeugen bei Protesten ist nicht neu. Bereits 1930 ging die Polizei bei der Kino-Premiere des Anti-Kriegs-Dramas "Im Westen nichts Neues" in Berlin mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vor, die im Film eine Schmähung deutscher Soldaten sahen. Der Österreicher Johann Rosenbauer begann im Jahr 1866 mit dem Bau von Handdruckspritzen, heute rüstet die nach ihm benannte Firma weltweit Feuerwehren und Polizisten mit modernsten Spritzgeräten aus. Die Widerstandsfähigkeit der Fahrerkabine des WaWe 10 wurde unter anderem mit dem Wurf einer Gehwegplatte aus zwölf Meter Höhe getestet. Die Außenwände des Wasserwerfers sind schräg, damit nichts Brennendes auf ihnen liegen bleibt. Auch Tränengas lässt sich dem Wasser beimischen und als "Aerosol" verteilen.

Neu beim WaWe 10 ist, dass sich seine drei Werfer auf dem Dach über Joystick, Bildschirm, Entfernungsmesser und Druckregler nicht nur als "Vollstrahl", sondern auch als nieselnde Sprühanlage einstellen lassen, erklärt Michael Rüffer vom Feuerwehrmagazin. Die Verwendung von ursprünglich für die Feuerwehr entwickelten Geräten bei Demonstrationen sieht Rüffer kritisch: "In der DDR ging damals auch die Feuerwehr plötzlich auf Demonstranten los."

Mehr als 50, jeweils gut eine Million Euro teure Wasserwerfer aus Leonding sind mittlerweile in Deutschland im Einsatz. Immerhin verbreiten sie meist warmen Regen. Der Wassertank des WaWe 10 ist nämlich beheizbar.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5121022
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/zip
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.