Concorde-Prozessauftakt:Die Frage nach der Schuld

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Zehn Jahre nach dem Concorde-Absturz bei Paris sollen die Verantwortlichen den Tod von 113 Menschen sühnen. Die US-Fluggesellschaft Continental bestreitet die Vorwürfe - und zeigt auf Air France.

Knapp zehn Jahre nach dem Absturz einer Concorde der Air France bei Paris hat vor einem Strafgericht der Prozess gegen die mutmaßlichen Verantwortlichen begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft fünf Angeklagten und der US-Fluggesellschaft Continental fahrlässige Tötung vor.

Um 16:42:28 Uhr gab der Pilot das Startkommando für den Charter-Flug Air France 4590 nach New York. Kurze Zeit später meldete ein Fluglotse dem Piloten: "4590, Sie haben Flammen! Sie haben Flammen hinter sich!" Um 16:45:10 Uhr stürzte dieConcordein der Nähe von Gonesse im Norden von Paris ab. (Foto: Foto: AP)

Bei dem Prozess in Pontoise bei Paris geht es um die Frage, wer an dem Unfall Schuld hat. Bei dem Absturz des Überschalljets der Air France am 25. Juli 2000 waren 113 Menschen ums Leben gekommen - darunter 97 Deutsche.

Als Nebenkläger treten in dem Prozess Angehörige französischer Opfer auf, die bisher keine Abfindung erhielten. Für die Angehörigen der deutschen Urlauber an Bord der Unglücksmaschine wurden bereits 2001 überdurchschnittlich hohe Entschädigungen ausgehandelt. Zivilrechtlich ist der Fall damit für sie abgeschlossen.

Fatale Kettenreaktion

Continental wird wegen eines Metallteils auf der Startbahn verantwortlich gemacht. Es soll von einem Flugzeug der US-Linie gestammt und den offiziellen Ermittlungen zufolge eine verhängnisvolle Kettenreaktion ausgelöst haben: Beim Überrollen der Titan-Lamelle platzte ein Reifen der Air-France- Concorde und beschädigte einen Tank. Das ausströmende Kerosin entzündete sich, das Flugzeug mit 109 Menschen an Bord stürzte auf ein Hotel. Am Boden kamen vier Menschen ums Leben.

In Pontoise soll nun auch geprüft werden, inwieweit ehemalige Mitarbeiter der französischen Flugaufsichtsbehörde DGAC und des Concorde-Herstellers Aérospatiale Mitschuld am Unglück hatten, weil sie nicht vor möglichen Risiken des Flugzeugs warnten.

Continental will Air France verantwortlich machen

Angeklagt sind Continental und zwei seiner Angestellten sowie der langjährige Chef des Concorde-Programms, Henri Perrier, der frühere Concorde-Chefingenieur beim Hersteller Aérospatiale, Jacques Hérubel, und ein Verantwortlicher der DGAC. Der Prozess vor dem Gericht in Pontoise ist zunächst bis zum 28. Mai terminiert.

Continental-Anwalt Olivier Metzner sagte vor Prozessbeginn, er werde die Einstellung des Verfahrens beantragen, weil die Airline nur als Sündenbock herhalten solle. Entlastende Elemente seien nicht berücksichtigt worden. Nach Informationen von US-Medien will die viertgrößte Fluggesellschaft der USA die französche Air France für den Crash verantwortlich machen.

Das Ende der "Donnervögel"

Auch die Anwälte der drei französischen Angeklagten, zwei Verantwortliche des Concorde-Programms sowie ein damaliger Mitarbeiter der französischen Flugaufsichtsbehörde, fordern einen Verfahrensabbruch. Sie verwiesen darauf, das die französische Behörde für Unfallermittlungen den Fall längst abgeschlossen habe. Sie kam zu dem Ergebnis, dass der Unfall nicht vorhersehbar gewesen sei.

Die Katastrophe bei Paris läutete das Ende des französisch-britischen Überschallflugzeugs ein. Die mangelnde Nachfrage besiegelte 2003 das endgültige Aus der mehr als 2000 Stundenkilometer schnellen, weißen "Donnervögel", die eine Reiseflughöhe von fast 18.000 Metern erreichten und Europa mit New York in nur dreieinhalb Stunden verbanden - die halbe Reisezeit einer Boeing 747.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/juwe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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