Süddeutsche Zeitung

Thüringen:Fahndungserfolg fast 23 Jahre nach Mord an Ramona

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Erst etwas mehr als zwei Jahre gibt es die sogenannte "Soko Altfälle" in Thüringen. Sie ins Leben gerufen zu haben darf, das lässt sich ohne Übertreibung sagen, inzwischen als gute Entscheidung bezeichnet werden. Mehrere, zum Teil sehr lange zurückliegende Verbrechen an Kindern konnten die Ermittler aufklären, zuletzt den Mord an der damals zehnjährigen Stephanie im Jahr 1991. Ein von der Soko aufgespürter Mann wurde im vergangenen November in Gera wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Nun vermelden die Ermittler einen neuen Fahndungserfolg: 23 Jahre nach dem Mord an der damals zehnjährigen Ramona Kraus aus Thüringen hat die Polizei einen Verdächtigen gefasst. Der 76-jährige Mann sei am Dienstag in Erfurt festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Er soll noch am Mittwoch dem Haftrichter vorgeführt werden, wie das Innenministerium mitteilte.

Im August 1996 verschwand Ramona vor einem Einkaufszentrum im Jenaer Stadtteil Winzerla. Der Verdächtige soll sie dort angesprochen und überredet haben, in sein Auto zu steigen. Die Polizei geht davon aus, dass der Mann das Mädchen tötete und die Leiche etwa 130 Kilometer von Jena entfernt in einem Wald bei Treffurt nahe der thüringisch-hessischen Grenze ablegte. Dort fand ein Jäger etwa ein halbes Jahr nach dem Verschwinden des Mädchens einen Schulranzen, einige Tage später wurden an derselben Stelle Leichenteile des vermissten Mädchens entdeckt.

Im vergangenen Jahr war im Fall Ramona Kraus bereits ein anderer Mann als Verdächtiger ermittelt worden. Der Mann sitze zwar weiter in Untersuchungshaft, aber aufgrund anderer Vorwürfe, hieß es nun. In Bezug auf den Kindermord gelte er nicht mehr als tatverdächtig, sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion Jena, bei der die Soko Altfälle angesiedelt ist.

Soko ist eigentlich Resultat einer kriminalistischen Panne

Gegründet wurde die Sonderkommission im Herbst 2016 eigentlich infolge einer kriminalistischen Panne. Am Leichenfundort des in Franken getöteten Mädchens Peggy war eine DNA-Spur des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt aufgetaucht, doch schnell stellte sich heraus, dass es bei der Spurensicherung eine Panne gegeben hatte und die DNA-Spur Böhnhardts von den Polizisten selbst an den Leichenfundort im Wald getragen wurde. Daraufhin beschloss die Polizei in Thüringen, die Ermittlungsarbeit bei ungelösten Mordfällen zu intensivieren.

Immer mehr Polizeipräsidien richten ähnlich wie in Jena Sonderkommissionen ein, die ungelöste, länger zurückliegende Fälle bearbeiten. Meist handelt es sich um Mordfälle, da Mord im Gegensatz zu anderen Straftaten nach deutschem Recht nicht verjährt. Da sich die DNA-Technik und die Möglichkeiten der Spurensicherung stetig weiterentwickeln, besteht für die Ermittler die Chance, heute auch Fälle aufzuklären, bei denen das Spurenmaterial vor einigen Jahren qualitativ ungenügend war. Außerdem sind in der DNA-Kartei des Bundeskriminalamtes immer mehr Verdächtige gespeichert. Häufig werden Mörder auch deshalb überführt, weil sie wegen einer anderen Straftat bei der Polizei aktenkundig wurden.

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