Coffeeshops in den Niederlanden:Das Aus einer Institution?

Die Coffeeshops, einst Symbol der liberalen niederländischen Gesellschaft, gehen einer düsteren Zukunft entgegen. Nach den Plänen der Regierung sollen viele von der Bildfläche verschwinden - zum Schutz der Schüler.

Coffeeshops gehören zu den Niederlanden wie Käse, Tulpen und Windmühlen. In den meist unscheinbaren Läden können Kunden Haschisch und Marihuana in kleinen Mengen kaufen.

Coffeeshop-Kunde

Coffeeshop-Kunde in Enschede mit einer Tüte Marihuana: Die linksliberale Regierung will die Coffeeshops aus der Nähe von Schulen vertreiben.

(Foto: Foto: dpa)

Eigentlich ist das verboten, doch die Polizei schaut bewusst weg. Das ist die "weiche" Linie gegenüber "weichen" Drogen, die seit langem in den Niederlanden praktiziert wird und das Land zu einem Eldorado für die Freunde eines "Joints" gemacht hat.

Doch das kann sich schon bald ändern. In den Städten sollen viele Coffeeshops verschwinden. Die linksliberale Regierung in Den Haag möchte sie zumindest aus der Nähe von Schulen vertreiben. Rotterdam führt diese Regelung als erstes und gegen einigen Widerstand ein.

27 von 62 Coffeeshops sollen dort bis Januar 2009 die Türen schließen oder ein anderes Produkt verkaufen: "Wir dürfen zwar keinen Coffeeshop mehr führen, aber wenn wir statt Cannabis etwas anderes wie Alkohol verkaufen, dürfen wir unsere Läden behalten", sagt Myranda Bruin, Mitglied des Vereins der Rotterdamer Coffeeshopinhaber. In einer Solidaritätsaktion hat der Verein im Juli 22.000 Unterschriften gegen die Pläne gesammelt.

In Rotterdam sollen alle Haschisch-Läden aus einem Umkreis von 250 Metern um jede Schule verschwinden. Bürgermeister Ivo Opstelten möchte so "die verletzliche Jugend vor sich selbst schützen". Doch es gibt schon viele Regeln und Gesetze, um Jugendliche von Coffeeshops fern zu halten.

So dürfen die Betreiber keine Werbung machen und nur fünf Gramm pro Person verkaufen, jedoch nicht an Minderjährige. "Wenn ich jemanden nicht kenne, lasse ich mir immer den Ausweis zeigen", versichert Kellnerin Patricia. Im Coffeeshop "Skyhigh" in Den Haag bedient sie täglich bis zu 400 Kunden, die zwischen zehn verschiedenen Sorten Marihuana und Haschisch wählen können.

In dem kleinen Shop hängt der süßliche Geruch von Cannabis. Es ist voll und viele Gäste haben eine der kleinen Tüten mit den grünen, getrockneten Blättern gekauft. "Unsere Stammkunden bleiben meist hier und entspannen, andere kommen und gehen", sagt die Kellnerin.

Die Regel mit dem Abstand zu den Schulen findet auch Denis Jannssen vom "Skyhigh" nicht gut. "Nur weil Coffeeshops in der Nähe sind, heißt das ja nicht, dass die Schüler anfangen zu kiffen. Die Mehrheit unserer Kunden kommt abends, nach den Bürozeiten", betont er. Das nationale Drogenzentrum bestätigt, dass nur etwa sieben Prozent der Minderjährigen Interesse an Haschisch haben. "Wenn die Minderjährigen einen Joint wollen, dann wissen sie auch, wie sie daran kommen können", meint Janssen.

Die Stadt Den Haag war schon vor zehn Jahren ein Vorläufer der so genannten Laufabstandsregelung. "In einem Radius von 500 Meter Fußweg zu einer weiterführenden Schule dürfen keine Coffeeshops sein. Bei Grundschulen dürfen sie noch nicht einmal in Sichtweite sein", erklärt Gerben van den Berg, Sprecher der Stadt. Durch die Regelung wurde der illegale Handel mit Cannabis kontrollierbarer. Vor allem aber laufen die Schüler nicht mehr vom Pausenhof, um gleich nebenan an den "Stoff" zu kommen.

In der Hauptstadt Amsterdam dagegen, einem Mekka der Haschisch-Freunde, wird bis jetzt keine Notwendigkeit für ein so strenges Durchgreifen gesehen. "Wir wollen erst wissen, was die Regierung genau von uns möchte. Wir wollen Statistiken sehen, die begründen, dass eine Laufabstandregel sinnvoll ist", sagt Pressesprecher Hendrik Wooldrik. Würde in Amsterdam der 250-Meter Abstand zu Schulen durchgesetzt, so müssten dort 90 Prozent der 240 Coffeeshops schließen.

"Der Handel auf der Straße würde in dieser Stadt zu einem enormen und nicht kontrollierbaren Problem", warnt Wooldrik. "Wir sorgen lieber dafür, dass für einen geschlossenen Coffeeshop kein neuer geöffnet werden kann. So reduziert sich die Zahl von alleine und gleichmäßig."

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