Christopher Street Day:Schrille Karawane mit klarer Botschaft

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Mit einer schrill-bunten Parade haben Schwule und Lesben in Berlin beim 26. Christopher Street Day für mehr Toleranz und Gleichberechtigung demonstriert. Hunderttausende feierten in der City unter dem Motto "Homokulturell, Multisexuell, Heterogen".

Berlin (SZ)- Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) durchschnitt pünktlich um 12 Uhr mittags das Regenbogenband. Wohl keine andere Demonstration verbindet so sehr Lebensfreude mit politischen Inhalten wie die Parade zum CSD.

Das betonte auch Wowereit gleich zum Start des Umzugs: "Die Leute wollen ihren Spaß haben." Der CSD sei aber vor allem auch eine gesellschaftspolitische Demonstration, fügte der bekennende Homosexuelle unter tosendem Beifall der Umstehenden hinzu. "Wir sind noch lange nicht so weit, dass alles gleichgestellt ist".

"Man muss sich nicht verstecken"

Die Schwulenparade sei auch eine Mahnung an die Gesellschaft, gegen Benachteiligungen vorzugehen. Noch gebe es Mobbing und Diskriminierung von Homosexuellen. "Man muss sich nicht verstecken, auch wenn man eine andere sexuelle Orientierung hat." Wowereit forderte CDU und CSU auf, Erweiterungen beim Lebenspartnerschaftsgesetz im Bundesrat nicht länger zu blockieren.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte, die rot-grüne Bundesregierung wolle "noch vor der Sommerpause oder direkt danach" Verbesserungen im Lebenspartnerschaftsgesetz auf den Weg bringen. "Wir werden die Stiefkindadoption zulassen, und ich bin mir sicher, dass wir auch etwas bei der Hinterbliebenenversorgung regeln werden."

Der Schwulenverband Berlin-Brandenburg hatte im Vorfeld gefordert, eingetragene Lebenspartnerschaften mit der Ehe gleichzustellen. Gleichgeschlechtliche Paare könnten bislang zwar lebenslang füreinander sorgen, doch beim Tod eines Partners würden sie behandelt wie Fremde, monierte Sprecher Alexander Zinn.

Auf 52 geschmückten Lastwagen tanzten Hunderte Teilnehmer in extravaganten Outfits zu wummernden Techno-Bässen, zu Sambamusik und zu Liedern von Marianne Rosenberg. Fünf Stunden zog die Karawane über die acht Kilometer lange Strecke durch die City. Bürgermeister Wowereit fuhr auf dem Wagen der Berliner Aids-Hilfe bis zur Siegessäule mit.

Die Party dort dauerte bis Mitternacht. Am Straßenrand ließen sich Tausende mitreißen von der knisternden Erotik, vom Tanz der Masken und Kostüme. Trotz der wenig sommerlichen Temperaturen von nur 17 Grad zeigte sich die Szene sehr phantasievoll. Lack und Leder waren ebenso zu sehen wie viel nackte Haut.

Die meisten Schwulen und Lesben präsentierten sich in auffälligen Farben und märchenhaften Verkleidungen. Laut Polizei kamen mit 300000 Menschen aber weniger als von den Veranstaltern erwartet, die mit einer halben Million Besuchern gerechnet hatten.

© SZ vom 28.6.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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