China:"Chaotische Zustände der Milchindustrie"

Ein vierter Säugling ist in China an verseuchtem Milchpulver gestorben. Die chinesische Regierung demonstriert Entschlossenheit - und vertuscht eigene Fehler.

In China ist ein vierter Säugling an verseuchtem Babymilchpulver gestorben. Das berichtete die Regierung der autonomen Region Xinjiang in Nordwestchina am Donnerstag nach Angaben chinesischer Medien.

China: Melamin in Milchpulver löste bei Babys in China Nierensteine aus.

Melamin in Milchpulver löste bei Babys in China Nierensteine aus.

(Foto: Foto: dpa)

Chinas Gesundheitsminister Chen Zhu hatte erst am Mittwoch den Tod dreier Babys bestätigt. Alle Säuglinge starben durch vergiftetes Milchpulver an Nierenversagen. Dieses war mit der Chemikalie Melamin gepanscht worden, um den Protein-Anteil künstlich zu erhöhen. Melamin wurde bislang in Produkten von 22 Herstellerfirmen entdeckt, darunter den Erzeugnissen von Marktführer Sanlu und dem Olympiasponsor Yili. Die Regierung erließ einen Verkaufsstopp.

Wegen des Skandals hat die chinesische Polizei am Donnerstag zwölf weitere Personen in der Provinz Hebei festgenommen. Damit befinden sich insgesamt 18 Personen in Haft, wie ein Sprecher der Provinzpolizei mitteilte.

Als Konsequenz aus dem Mangel an Aufsicht über die Milchindustrie wurde auch der Bürgermeister der Stadt Shijiazhuang, Ji Chuntang, entlassen, wie örtliche Behörden berichteten. In seine Zuständigkeit fällt der führende Milchpulverhersteller Sanlu, in dessen Produkten als erstes die Chemikalie Melamin entdeckt wurde. Vier weitere hohe Funktionäre, die für Landwirtschaft und die Nahrungsmittelaufsicht in der Stadt zuständig waren, hatten zuvor bereits ihre Posten verloren. Auch die Vorstandschefin des Unternehmens Sanlu, Tian Wenhua, wurde entlassen und festgenommen.

Die Regierung versucht nun mit allen Mitteln, die Folgen des Skandals einzudämmen. Landesweit läuft eine Untersuchung der Milchindustrie, deren Zustand die Regierung in Peking nach einer Krisensitzung als "chaotisch" beschrieb. Es müsse mit einem weiteren Anstieg von Erkrankungen gerechnet werden, sagte Gesundheitsminister Chen Zhu am Mittwoch.

Insgesamt hat sich die Zahl von Opfern seit Wochenbeginn vervielfacht. Verantwortlich dafür sind jedoch nicht nur neue Erkrankungen, sondern auch die zögerliche Informationspolitik der Chinesen. Die Regierung in Peking war erst aktiv geworden, nachdem die neusseländische Ministerpräsidentin Helen Clark öffentlich auf erste Erkrankungen in Neuseeland hingewiesen hatte. Das gestreckte Milchpulver wurde entgegen erster Angaben der Regierung auch in mehrere Länder exportiert. Für Säuglinge in Deutschland besteht keine Gefahr, da keine Milchprodukte aus China in die EU eingeführten werden dürfen

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