Nachruf:Der Captain tritt ab

FILE PHOTO: Retired British Army Captain Moore walks to raise money for health workers

Weltkriegsveteran und Nationalheld: der 100-jährige Brite Captain Tom Moore.

(Foto: Peter Cziborra/Reuters)

Mit seiner Spendensammelaktion für den britischen Gesundheitsdienst wurde Kriegsveteran Tom Moore zum Helden. Nun ist er an den Folgen einer Covid-Erkrankung gestorben.

Von Oliver Klasen

Fast 8,4 Millionen Engländerinnen und Engländer, das geht aus den Statistiken des National Health Service hervor, haben bis zu diesem Dienstag zumindest die erste Dosis der Covid-19-Impfung erhalten. Tom Moore, 100, gehörte nicht dazu, obwohl er von seinem Alter her in die Risikogruppe gefallen wäre. Die Medikamente gegen die Lungenentzündung, an der er seit einiger Zeit litt, ließen eine Impfung nicht zu.

Am vergangenen Sonntag erst kam die Nachricht, dass Moore, Veteran des Zweiten Weltkrieges, sich mit dem Coronavirus infiziert hat. Am Dienstag starb er in einem Krankenhaus in Bedford in Ostengland. "Das letzte Jahr im Leben unseres Vaters war einfach nur bemerkenswert" , schrieben seine beiden Töchter in einem Statement.

Das ist britisch untertrieben. Moore rührte im April beinahe die ganze Welt zu Tränen, weil er mit seinem Rollator Runde um Runde in seinem Hinterhof drehte und die Öffentlichkeit daran teilhaben ließ, um so Spenden zur Bekämpfung der Pandemie zu sammeln. Challenge nennt man sowas in den sozialen Medien und Moore brachte es mit seinem Dauerrundlauf sogar ins Guinessbuch. 32,8 Millionen britische Pfund (etwa 37 Millionen Euro) für den Nationalen Gesundheitsdienst NHS kamen am Ende zusammen.

Eigentlich habe er nur 1000 Pfund sammeln wollen

Moore, 1920 in Nordengland geboren, kämpfte für die britische Armee in Indien und im damaligen Burma, heute Myanmar genannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Großbritannien zurück, wo er zuletzt mit einer seiner Tochter und deren Familie in Bedford lebte.

1000 britische Pfund habe er ursprünglich nur sammeln wollen, für den NHS, den viele Britinnen und Briten trotz aller Probleme als wichtigste Säule des Wohlfahrtstaates verehren, jenen NHS, dessen Mitarbeiter, so erzählte Moore, auch ihn so wunderbar behandelt hätten als er an Hautkrebs sowie an einer gebrochen Hüfte gelitten habe. Bis zu seinem 100. Geburtstag am 30. April, da war er schon längst eine internationale Berühmtheit, lief Moore in seinem Innenhof. Am Ende brachte jede Runde, jeweils etwa 25 Meter lang, Hunderttausende Pfund ein.

125 000 Glückwunschkarten zum 100. Geburtstag

125 000 Glückwunschkarten bekam er zugeschickt, aus Großbritannien und der ganzen Welt. Über sein Haus in dem beschaulichen Örtchen Marston Moretaine in der Grafschaft Bedfordshire donnerten damals zu seinen Ehren Kampfflugzeuge aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und Prinz William nannte ihn "eine Ein-Mann-Spendensammel-Maschine".

Klar, dass es von da an nicht weit zu noch höheren Ehren war. Queen Elizabeth höchstpersönlich schlug den sechs Jahre älteren Moore im Sommer auf Schloss Windsor zum Ritter. Der stets zu Scherzen aufgelegte Senior witzelte damals kurz vor der Zeremonie, die Königin möge sich hoffentlich mit dem Schwert nicht ungeschickt anstellen.

Nach seinem Tod drückte die Queen ihr Beileid aus. "Die Königin schickt einen privaten Kondolenzbrief an die Familie von Captain Sir Tom Moore", teilte das Königshaus am Dienstag auf Twitter mit. "Ihre Majestät hat es sehr genossen, Captain Sir Tom und seine Familie letztes Jahr in Windsor zu treffen. Ihre Gedanken und die der königlichen Familie sind bei ihnen."

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