Süddeutsche Zeitung

Bundeswehreinsatz vor Somalia:Jung sagt Kampf gegen Piraten zu

Noch ist nicht geklärt, ob deutsche Soldaten im Kampf gegen Piraten Polizeiaufgaben übernehmen dürfen. Die Regierung plädiert für den Einsatz.

Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) hat bei einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eine weitere Beteiligung Deutschlands am internationalen Kampf gegen die Piraten vor Somalias Küste zugesagt. Für den Umgang mit Piraten brauche die internationale Gemeinschaft jedoch einen klaren Operationsplan, betonte Jung in New York.

Zunächst wolle man aber eine nationale Rechtsgrundlage schaffen. Politiker von SPD und FDP sehen dagegen überhaupt keinen Regelungsbedarf für einen Anti-Piraten-Einsatz der Bundeswehr am Horn von Afrika, da dieser bereits rechtlich gedeckt sei.

Der Innenexperte der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, sagte der Neuen Presse aus Hannover: "Wir blamieren uns hier ziemlich. Die Bundesmarine hätte längst eingreifen können." Die Vizevorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, nannte die Diskussion im Konstanzer Südwestkurier "peinlich im Quadrat", denn die Marine sei "rechtlich bereits voll handlungsfähig".

Die Verfolgung von Piraten sei völkerrechtlich gedeckt, argumentierte Wiefelspütz. Auch das von Deutschland seit über 20 Jahren ratifizierte UN-Seerechtsübereinkommen beinhalte die Pflicht, Piraterie zu bekämpfen.

Homburger erklärte, das Seerecht sei "Bestandteil deutschen Rechts" und zwar durch den Grundgesetz-Paragrafen 25. Darin heißt es: "Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteile des Bundesrechtes."

Dagegen beharrte SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow in der Saarbrücker Zeitung darauf, "dass nach unserem Rechtsverständnis nicht Soldaten Kriminelle festnehmen, sondern nur Polizisten". Der Einsatz am Horn von Afrika dürfe "keine Löcher für den Bundeswehreinsatz im Innern schlagen".

Bundesregierung ist sich so gut wie einig

Jung sagte in New York, "wo deutsche Interessen betroffen sind, werden wir dafür sorgen, dass auch eine Verurteilung (der Piraten) stattfindet". Er würde sich wünschen, dass man auch eine internationale Lösung finde, "um dieser Herausforderung wirkungsvoll entgegentreten zu können".

Im Rahmen des europäischen Mandats werde sich die Bundesregierung mit einer Fregatte am Kampf gegen die Piraten beteiligen. Für diese Mission benötige man noch die Zustimmung des Bundestages.

Die Bundesregierung wird sich wohl noch in dieser Woche über den Einsatz vor der somalischen Küste im Rahmen der EU-Mission einigen. Davon war Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Donnerstag ausgegangen. Ein Termin für einen Kabinettsbeschluss wurde offiziell bisher nicht genannt.

CDU fordert Abgrenzung zwischen Polizei- und Militär-Aufgaben

Geklärt werden muss aus Sicht der Regierung, ob Soldaten im Kampf gegen Piraten Polizeiaufgaben wie Verhaftungen übernehmen dürften. Nach dem Grundgesetz sind Aufgaben von Soldaten und Polizisten prinzipiell getrennt.

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, hatte vor überzogenen rechtsstaatlichen Beschränkungen gewarnt. Allerdings würde eine Vermischung von Militär- und Polizeiaufgaben bei dieser Mission der Union auch in einer anderen Debatte nützen - sie will generell eine Bundeswehreinsatz im Inneren ermöglichen.

Bundeswehrverband macht Druck

Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Andreas Schockenhoff (CDU) forderte in der Saarbrücker Zeitung die Abgrenzung zwischen Polizei- und Militär-Aufgaben im Inland wie im Ausland "jetzt schnell den neuen Herausforderungen anzupassen". Die jetzige strikte Trennung sei "immer weniger durchzuhalten".

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, hatte am Donnerstag ein robustes Mandat für die Soldaten gefordert, die im Rahmen des EU-Einsatzes am Horn von Afrika gegen die Piraten vorgehen sollen. Es sei "ein Stück Absurdistan", dass Bundeswehrsoldaten nach jetzigem Stand Piraten weder verfolgen noch ihre Mutterschiffe bekämpfen dürften, bemängelte er.

Aktueller Anlass sind die Entführungen mehrerer ausländischer Schiffe vor Somalias Küste - darunter der saudi-arabische Supertanker mit Öl im Wert von 100 Millionen Dollar an Bord. Für dessen Freigabe sollen die Seeräuber nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP ein Lösegeld von 25 Millionen Dollar gefordert haben. Allerdings haben dies bislang weder die US-Marine noch der saudi-arabische Schiffseigner bestätigt.

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dpa/Reuters/AFP/akh/ihe
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