Bundespolizei:Beschwerden außerhalb des Dienstwegs

Wache Bundespolizei-Inspektion Hannover

War bundesweit in den Schlagzeilen: die Wache der Bundespolizeiinspektion in Hannover.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Nach den Foltervorwürfen gegen einen Beamten in Hannover richtet die Bundespolizei eine Beschwerdestelle ein. Der Fall selbst ist ungelöst. Handelt es sich bei der Anzeige gar um einen Racheakt?

Es gibt mittlerweile eine öffentliche Äußerung von dem Bundespolizisten Torsten S., gegen den die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt, weil er in der Gewahrsamszelle der Dienststelle am Hannoveraner Hauptbahnhof mindestens zwei Flüchtlinge misshandelt haben soll. Diese öffentliche Äußerung stammt aus einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Auf Anraten des Anwalts von Torsten S. umfasst sie allerdings nur ein Wort: "Aufgebauscht" seien die Vorwürfe, die letztlich nicht nur ihn betreffen, sondern eine ganze Dienststelle. Hat Torsten S. recht? Steigern sich Medien und Politik in eine übertriebene Empörung hinein?

Bisher deutet wenig darauf hin, dass der Fall, mit dem sich vergangene Woche auch der Innenausschuss des Bundestages befasste, zu viel Aufmerksamkeit bekäme. Dass der Anfangsverdacht, der sich aus der Anzeige zweier Polizeibeamter ergab, vollends ins Leere gelaufen wäre, kann man schließlich nicht sagen. Bei der Hausdurchsuchung im Privathaus von Torsten S., 39, am vorvergangenen Freitag wurde laut Spiegel eine Pumpgun gefunden, die S. offenbar nicht hätte besitzen dürfen.

Dem NDR bestätigte die Direktion der Bundespolizei Hannover, dass es seit Februar Hinweise auf Fehlverhalten in der Dienstgruppe am Hauptbahnhof gegeben habe. Zuvor hatte der NDR berichtet, dass der verdächtige Polizist sich in SMS und Whats-App-Nachrichten mit den Misshandlungen im März und September 2014 gegen einen Afghanen beziehungsweise einen Marokkaner gebrüstet habe. "Hab den weggeschlagen", hieß es da zum Beispiel, oder: "X (der unmittelbare Vorgesetzte, Anm. d. Red.) hat gesagt, dass er ihn oben gehört hat, dass er gequiekt hat, wie ein Schwein." Die Texte erwecken den Eindruck, als hätten Kollegen und Vorgesetzte die Aktionen von Torsten S. gedeckt.

Geht es um Rache?

Offiziell allerdings befindet sich der Fall noch im Schwebezustand, vieles ist unklar. Diverse Polizeivertreter verwahren sich deshalb gegen allgemeine Vorverurteilungen. Auch Dieter Romann tut das, der Präsident der Bundespolizei. In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung kündigte er an, eine "Sonderbeschwerdestelle" einzurichten.

Demnach soll ein Beamter, der direkt dem Präsidenten unterstellt ist, "außerhalb des Dienstweges" Meldungen von Kollegen entgegennehmen, denen etwas Verdächtiges auffällt. Romann will damit verhindern, dass zu viel Zeit vergeht, ehe Fehlverhalten von Bundespolizisten zur Anzeige bei der Staatsanwaltschaft kommt. Er will aber auch verhindern, dass Anzeige-Erstatter sich an die Medien wenden.

Romann legt Wert auf die Feststellung, dass der Fall um Torsten S. noch nicht geklärt ist. Er hält es für möglich, dass es sich bei der Anzeige um einen Racheakt zweier Kollegen handelt, die im Streit mit einem anderen lägen. Oder denen ein Vorgesetzter nicht die gewünschte Beurteilung geschrieben habe.

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