Süddeutsche Zeitung

Familienkonstellationen:Privater Samenspender darf sein Kind sehen

Ein lesbisches Paar bekommt einen Sohn, der leibliche Vater ist eine Art Patenonkel - bis sich die Erwachsenen zerstreiten. Der BGH hat nun entschieden, welche Rechte der Mann hat.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Es war ein Deal im besten Einvernehmen. Ein wirklicher Vater wollte der Mann, mit dessen Samen ein Kind gezeugt worden war, zwar nicht werden. Aber Kontakt halten, das schon. Im August 2013 wurde der Junge geboren, Kind einer lesbischen Partnerschaft. Der leibliche Vater hatte mit einer sogenannten privaten Samenspende zur Familiengründung beigetragen, bildhaft auch Becherspende genannt. Auch die Partnerin der Mutter, die den Jungen dann adoptieren würde, war einverstanden: Ein wenig Kontakt zum biologischen Vater, das sei ihr wichtig, hatte sie dem Jugendamt gesagt.

Das ging fünf Jahre lang gut. Der Samenspender war so eine Art Patenonkel, er kam alle zwei Wochen für zwei Stunden zu Besuch; der Junge soll sogar gewusst haben, dass er sein leiblicher Vater war - soweit ein drei, vier, fünf Jahre altes Kind das begreift. Dann wollte der "Onkel" mehr Kontakt, die Mütter wollten weniger. Die Verbindung zerbrach, man sah sich vor Gericht.

Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) über den Fall entschieden - und dem leiblichen Vater recht gegeben. Das war ein wenig kompliziert, weil die gesetzlichen Regeln der familiären Realität mal wieder ein wenig hinterherhinken. Richterlicher Interpretationsbedarf also.

Für Samenbank-Spender gelten andere Regeln

Da war zum einen die Frage zu beantworten, was es eigentlich mit der privaten Samenspende auf sich hat. Wenn eine Familiengründung über eine Samenbank läuft, dann ist der biologische Vater nämlich außen vor, weil mit der Spende normalerweise ein Verzicht auf etwaige Umgangsrechte verbunden ist. Will er nachträglich doch noch Kontakt zu dem Kind herstellen, dann hat er dafür keine rechtliche Handhabe.

Die private Samenspende dagegen ist laut BGH anders gelagert, nicht so anonym, wenn man so will. Als leiblicher Vater könnte der Spender sogar die Adoption verhindern. Da ist es laut BGH nur logisch, dass er nicht automatisch von jeglichen Umgangsrechten ausgeschlossen wird.

Auch mit seiner Zustimmung zur Adoption nimmt er sich nicht aus dem Rennen - jedenfalls, wenn von vornherein vereinbart wurde, dass er eine Verbindung zu dem Jungen aufbaut.

Das Interesse des Vaters am Kind ist entscheidend

Der BGH weist darauf hin, dass sich der Blick auf die Adoption in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert hat. Früher galt der komplette Abbruch jeglicher Beziehung zu den leiblichen Eltern als der beste Weg, weil Kinder sonst in Verwirrung gestürzt werden könnten. Heute ist man klüger: Offene oder halb offene Adoptionen werden als das bessere Modell angesehen, weil Kinder sich ihrer Wurzeln bewusst werden können.

Für die Rechte des privaten Samenspenders bedeutet dies, dass er behandelt werden muss wie andere leibliche Väter auch. Wenn er ein "ernsthaftes Interesse" an dem Kind gezeigt hat und es zudem dem Kindeswohl entspricht, dann hat er ein Recht auf Umgang, also auf regelmäßigen Kontakt.

Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, muss nun erneut vom Kammergericht Berlin geprüft werden, das ursprünglich ein Umgangsrecht verneint hatte. Dass die beiden Mütter den Kontakt unterbinden wollen, reicht jedenfalls nicht zur Ablehnung. Aber auch dem Mann gibt der BGH etwas mit auf den Weg: Eine "Vaterschaft light" könne er nicht beanspruchen. Er müsse die alleinige Erziehungsverantwortung der Eltern respektieren.

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