Bundesgerichtshof:Erste-Hilfe-Pflicht im Unterricht

Erste Hilfe

Die Herzdruckmassage ist ein elementarer Bestandteil der Ersten Hilfe und sollte regelmäßig geübt werden.

(Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

Lehrer müssen mehr können als eine Privatperson, die an einem Unfallort eintrifft. Der BGH hat einem früheren Schüler, der seit einem Vorfall behindert ist, nun Schadenersatz in Aussicht gestellt.

Von Larissa Holzki

Als der Notarzt eintraf, war der Schüler schon acht Minuten bewusstlos. Beim Aufwärmen im Sportunterricht hatte der 18-Jährige plötzlich Kopfschmerzen bekommen und war zusammengesackt. Jegliche Laienreanimation sei unterblieben, heißt es später im Klinikbericht, zwei am Unfallort anwesende Lehrer hatten zwar Erste Hilfe geleistet, aber keine Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet. Wegen des langen Sauerstoffmangels erlitt der Schüler schwere, dauerhafte Hirnschäden.

Hätten Lehrer Schäden verhindern können?

Der Fall, der sich 2013 an einem Gymnasium in Wiesbaden zutrug, wurde jetzt vor dem Bundesgerichtshof verhandelt. Der inzwischen 24 Jahre alte ehemalige Schüler hatte geklagt und Schadenersatz verlangt. Seine Familie glaubt, die Lehrer hätten mehr tun können und müssen. Die Richter in Karlsruhe halten das auch für möglich: Sportlehrern obliege die Amtspflicht, erforderliche und zumutbare Erste-Hilfe-Maßnahmen rechtzeitig und ordnungsgemäß durchzuführen, betonten sie und verwiesen den Fall zurück an das Oberlandesgericht Frankfurt.

Es muss nun genau prüfen, ob die Wiesbadener Lehrer mit einer Herzdruckmassage und einer Atemspende bleibende Schäden bei dem Schüler hätten vermindern und vermeiden können. Zunächst hatte die Vorinstanz entschieden, dass dies nicht nachweisbar sei. Der Antrag der Familie, ein Sachverständigengutachten einzuholen, wurde abgelehnt.

Haftung bei grober Fahrlässigkeit

Genau das hat der BGH nun beanstandet und sich in seinem Urteil zu den Pflichten von Sportlehrern geäußert. Diese seien dazu angehalten, erforderliche und zumutbare Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Schülerinnen und Schülern rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Weise durchzuführen. Von Sportlehrern seien bessere Erste-Hilfe-Kenntnisse zu erwarten als von einer Privatperson, die an einem Unfallort eintrifft und spontan entscheiden muss, wie sie sich verhält.

Für Privatpersonen gilt: Sie haften nur bei grober Fahrlässigkeit. Lehrer müssten aber qua Amt Gesundheitsschäden von Schülern abwehren. Es sei, so die Richter, nicht angemessen, wenn der Staat einerseits Schüler zur Teilnahme am Sportunterricht verpflichtet, andererseits aber bei Notfällen im Sportunterricht nur im Falle grober Fahrlässigkeit der Lehrer hafte.

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