Bundesgartenschau:Blühende Landschaften

In Gera und in Ronneburg, wo einst tonnenweise Uran abgebaut wurde, eröffnet kommende Woche die Bundesgartenschau.

Christiane Kohl

Eine schmale Holzbrücke überspannt in weiten Bögen das Tal, darunter fällt der Blick auf eine idyllisch anmutende Landschaft: Saftig grüne Wiesen, auf denen die ersten Blütentupfer der Obstbäume tanzen, bunte Blumenbeete und das grün glitzernde Wasser eines kleinen Baches beherrschen das Bild - wäre da nicht an einem Hang der aus Pflanzen gezeichnete Schriftzug "Wismut" zu sehen, man könnte kaum glauben, dass hier bis vor wenigen Jahren Europas größtes Bergbauloch klaffte.

Bundesgartenschau: Ein Blumenmeer: die Bundesgartenschau in Gera.

Ein Blumenmeer: die Bundesgartenschau in Gera.

(Foto: Foto: dpa)

Zwei Quadratkilometer war das Loch groß gewesen und 240 Meter tief, gleich daneben ragten zwei schwarzgraue Abraumkegel in den Himmel: Einst schürfte die sowjetische Aktiengesellschaft SAG Wismut in dem Tal das gefährliche Uran. Kommende Woche wird die Bundesgartenschau auf dem Gelände eröffnet - erstmals hat sich damit eine DDR-Altlast zu einer im Wortsinn "blühenden Landschaft" gewandelt.

"Das ist", sagt Manfred Böhme, der Bürgermeister des kleinen Städtchens Ronneburg, "wie ein Stück Wiedergutmachung für uns". Der 5500-Einwohner-Ort bei Gera am Ostrand von Thüringen war eines der Hauptopfer der einstigen Wismut-Aktivitäten gewesen. Stets hatten Staubwolken das Städtchen umweht, von denen man nicht recht wusste, wie viel krebserregende Strahlung sie in die Häuser der Bewohner trugen.

Und an den Wochenenden zitterten häufig die Wände von den Sprengungen im Wismut-Gebiet. Mehr als 40Tagebauschächte mit rostigen Blechfassaden beherrschten das Gebiet, und auch sonst hatte die russische Firma alles im Griff - "die war ein Staat im Staate hier", sagt Bürgermeister Böhme.

Schon 1945, gleich nach Kriegsende, hatten die Sowjets die ersten Uranvorkommen in Ostdeutschland entdeckt. Zunächst wurde bei Schneeberg und Oberschlema im Erzgebirge gegraben, kurz darauf geriet die Gegend um Ronneburg ins Blickfeld der Russen.

Es war die Zeit des Kalten Krieges, Uran wurde zum Bombenbau gebraucht - weshalb man ohne Rücksicht auf Mensch und Natur das radioaktive Material abbaute. Insgesamt 231000 Tonnen Uran förderte die Wismut bis 1990 in der DDR, etwa die Hälfte davon wurde allein aus dem Tagebauloch bei Ronneburg geholt, wo man 1950 mit dem Erzabbau begonnen hatte.

Und weil es um die Bombe ging, war alles immer streng geheim: Die Wismut, die 1954 in eine sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) umgewandelt worden war, beschäftigte ihre eigene Polizei, es gab spezielle Gesundheitseinrichtungen, das öffentliche Leben war komplett kontrolliert - "wir galten als der 16.Bezirk der DDR", sagt Bürgermeister Böhme.

An die 120.000 Bergleute beschäftigte die Wismut, etwa 40.000 davon arbeiteten im Raum Ronneburg-Gera. Nach dem Ende der DDR standen plötzlich Tausende Mitarbeiter auf der Straße. In einem Vertrag mit der Sowjet-Union übernahm die Bundesrepublik 1991 die sowjetischen Anteile, in der Folge wurde eine der weitreichendsten Umweltsanierungen in Deutschland gestartet: Knapp fünf Milliarden Euro sind bereits ausgegeben, bis zum Jahr 2015 werden es 6,2 Milliarden sein.

Im Rahmen verschiedener Studien wurden Tausende Menschen auf mögliche Strahlenbelastungen hin untersucht. Zugleich begann man damit, die geschundenen Landschaften zu reparieren: Da wurden Schächte abgerissen und Abwasserreinigungsanlagen installiert, Abraumberge abgetragen und viele Millionen Kubikmeter Erdmassen bewegt, sanfte Hügel und weite Täler entstanden - so eben auch die "neue Landschaft Ronneburg".

Auf Initiative der zuständigen Landrätin in der Kreisstadt Greiz hatte sich der Ort bereits Mitte der neunziger Jahre als Standort für die Bundesgartenschau beworben, gemeinsam mit der benachbarten Industriestadt Gera bekam man schließlich den Zuschlag. "Es war alles so trostlos gewesen, da kam jemand auf diese Idee", sagt die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) heute: "Und jetzt ist alles viel schöner, als ich mir das je vorstellen konnte."

Auch für das seit der Wende arg durch Firmenzusammenbrüche gebeutelte Gera, einst ein wichtiger Standort der Textilindustrie, wirkt die Bundesgartenschau erkennbar wie eine Frischzellenkur: Mit etwa 180 Millionen Euro wurden heruntergekommene Villen und Parkanlagen in der 100 000-Einwohner-Stadt saniert, eine neue Straßenbahnlinie wurde gebaut und das Theater glanzvoll restauriert.

Bei der Gartenschau, die erstmals in zwei Städten gleichzeitig stattfindet, wird mit etwa 1,5 Millionen Besuchern gerechnet. Auch die Besucher, so hofft Oberbürgermeister Norbert Vornehm, werden viel zusätzliches Geld in die Stadt bringen. "Die Buga ist ein riesiges Infrastruktur- und Konjunkturprogramm für uns", sagt er. "Mit Blümchen hat das nur am Rande was zu tun."

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