Süddeutsche Zeitung

Budapest:Kapitän von Kreuzfahrtschiff nach Unglück festgenommen

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Nach einer der schlimmsten Schifffahrtskatastrophen in der jüngeren Geschichte Ungarns ist der Kapitän eines Kreuzfahrtschiffs festgenommen worden. Wie die ungarische Polizei mitteilte, werde der 64-jährige Ukrainer verdächtigt, den Wassertransport gefährdet zu haben, woraufhin es zu dem tödlichen Unfall gekommen sei.

Am Mittwochabend waren in den zehn bis 15 Grad kalten Fluten der Budapester Donau mindestens sieben Touristen aus Südkorea ums Leben gekommen. 21 weitere, die an Bord des Ausflugsschiffs waren, wurden am Donnerstagabend noch vermisst. Das sagten ungarische Behördenvertreter in Budapest. Die Überlebenschancen der Vermissten werden als gering eingeschätzt. Der Flusspegel ist nach Regenfällen gestiegen, die Strömung ist stark mit vielen Strudeln.

An Bord des Schiffes waren insgesamt 35 Menschen, darunter vor allem Touristen aus Südkorea sowie zwei ungarische Besatzungsmitglieder und drei Reisebegleiter. Die meisten Reisenden seien 40 bis 50 Jahre alt gewesen. Auch ein sechsjähriges Kind habe sich an Bord aufgehalten. Gerade weil die Toten aus dem Ausland stammen, ist der Druck auf die ungarischen Behörden hoch, den Unfall schnellstmöglich aufzuklären.

Das Ausflugsschiff Hableány (Nixe) war an der Margaretenbrücke in der Nähe des Parlamentsgebäudes mit dem weitaus größeren Kreuzfahrtschiff Viking Sigyn zusammengestoßen. Das kleinere Schiff kenterte infolge der Wucht des Zusammenstoßes und ging innerhalb weniger Sekunden in den Fluten der Donau unter. Sieben Menschen konnten unmittelbar nach der Katastrophe aus dem Wasser gerettet werden. Sie wurden wegen Unterkühlung in Budapester Spitälern behandelt, erklärte ein Sprecher des Rettungsdienstes. Auf dem größeren Schiff kam niemand zu Schaden.

Bei den Überlebenden des Unglücks saß der Schock tief. "Ich habe gesehen, wie das große Kreuzfahrtschiff näher auf uns zu kam, aber ich hätte nie gedacht, dass es uns rammen würde", sagte die 31 Jahre alte Jeong. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Yonhap erläuterte sie, durch den Zusammenstoß seien sie und andere über Bord geworfen worden. Laut Polizei dauerte es lediglich sieben Sekunden bis das Boot sank. "Alle an Deck sind ins Wasser gefallen und ich glaube, die in den Kabinen im ersten Stock konnten nicht raus", ergänzte die Touristin Yoon. Sie habe gesehen, wie das größere Kreuzfahrtschiff nach der Kollision ohne Hilfe zu leisten davon gefahren sei.

Zwei Tage nach dem Unglück reisten am Freitag die ersten Angehörigen der aus Südkorea stammenden Todesopfer und Vermissten nach Ungarn. Es seien zunächst zehn Mitglieder von betroffenen Familien nach Budapest abgeflogen, berichteten südkoreanische TV-Sender. Im Verlauf des Tages würden weitere mehr als 30 Angehörige folgen. Auch reiste die südkoreanische Außenministerin Kang Kyeong-hwa nach Budapest und besichtigte mit ihrem ungarischen Kollegen Peter Szijjarto den Unglücksort an der Margaretenbrücke im Zentrum der ungarischen Hauptstadt. Rettungskräfte des ostasiatischen Landes, darunter Spezialtaucher, sollen zudem die Suche am Unglücksort unterstützen.

Die verunglückten Passagiere trugen offenbar keine Rettungswesten

Die sieben Südkoreaner, die bei dem Unglück ums Leben kamen, trugen offenbar keine Rettungswesten, teilte das südkoreanische Außenministerium unter Berufung auf Diplomaten mit. Das 27 Meter lange, für 60 Passagiere ausgelegte Unglücksschiff gehört dem Budapester Schifffahrtsunternehmen Panorama Deck. Ein Sprecher der Firma teilte am späten Mittwochabend mit: "Es werden alle Ressourcen mobilisiert, um Menschenleben zu retten."

Die Donau fließt mitten durch Budapest und trennt die beiden Stadthälften Buda und Pest voneinander. Ausflugsfahrten per Schiff sind auf dem Budapester Flussabschnitt bei Touristen sehr beliebt, weil sich dabei Ausblicke auf Sehenswürdigkeiten wie die Burg von Buda und das Parlamentsgebäude bieten.

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