Britisches Königshaus:Buckingham Palace muss für 425 Millionen Euro saniert werden

Britisches Königshaus: Außen hui, innen pfui: der Buckingham Palace in London

Außen hui, innen pfui: der Buckingham Palace in London

(Foto: AP)

Bröckelnde Wände, marode Toiletten: Der Palast im Herzen Londons braucht dringend Erneuerung. Die Queen wird während der Bauarbeiten dort wohnen bleiben - bezahlen muss sie den Umbau aber nicht.

Von Christian Zaschke, London

Manchmal, wenn es sehr stark regnet, stellen die Angestellten der Queen im Buckingham Palace Eimer auf, um das Wasser aufzufangen, das von den Decken tropft. Das Gebäude wurde größtenteils im 18. Jahrhundert errichtet, da muss man Verständnis dafür haben, dass das Dach an manchen Stellen nicht ganz dicht ist. In London regnet es bekanntlich gerne einmal, weshalb die Eimer immer griffbereit stehen.

Die Fenster des Palastes sind selbstverständlich undicht, aber auch das kann niemanden aus der Ruhe bringen, weil das undichte Fenster zu Großbritannien gehört wie die Werke Shakespeares, lauwarmes Bier und die Geringschätzung des Franzosen als solchem. Was dem königlichen Haushalt nun aber doch ein wenig Sorge bereitet, sind die 33 Jahre alten Boiler, für die es kaum noch Ersatzteile gibt. Und die 100 Meilen elektrischer Kabel, die 60 Jahre alt sind. Dann wären da noch 20 Meilen uralter Bleirohre. Das bröckelnde Mauerwerk. Die schäbigen Klos. Der ranzige Putz. Kurzum: Der Palast gehört dringend renoviert, weshalb im April kommenden Jahres die Bauarbeiter anrücken. Dauer der Arbeiten: zehn Jahre. Kosten: 369 Millionen Pfund, rund 425 Millionen Euro.

Buckingham Palace ist der Queen zu ungemütlich

Britisches Königshaus: 20 Meilen uralte Bleirohre befinden sich im Buckingham Palace. Auch sie werden in den kommenden zehn Jahren ausgetauscht.

20 Meilen uralte Bleirohre befinden sich im Buckingham Palace. Auch sie werden in den kommenden zehn Jahren ausgetauscht.

(Foto: AFP)

Wer jemals das Vergnügen hatte, einen Altbau zu sanieren, weiß, dass es am Ende immer deutlich teurer wird, weil sich im Laufe der Arbeiten neue Baustellen ergeben, teilweise von so monströsem Ausmaß, dass sie einen bis in die Träume des Tiefschlafs verfolgen. Davor ist Queen Elizabeth II. vermutlich gefeit, zum einen, weil sie eine eher stoische Person ist, zum anderen, weil sie über das nötige Kleingeld verfügt. Beziehungsweise: weil die britischen Steuerzahler freundlicherweise die Rechnung übernehmen.

Als Sprecher des Palastes die Öffentlichkeit nun darüber unterrichteten, dass die Renovierung anstehe, war es diesen deutlich anzusehen, dass dieser Punkt ihnen etwas unangenehm war. Nach den Arbeiten sei der Palast fit für die nächsten 50 Jahre, versicherte sehr beflissen Tony Johnston-Burt, Chef des königlichen Haushalts. Ein anderer Repräsentant des Palastes appellierte an den Nationalstolz der Briten. Er sagte, es könne ja wohl kein Mensch wollen, dass die arme Queen in einer zerfallenden Bruchbude leben müsse, die jeden Moment in Flammen aufgehen könne. Zugegeben, das sagte er nicht wörtlich, aber so hat er es gemeint.

In der Tat ist es um das Gebäude nicht zum Besten bestellt. Die letzte große Renovierung liegt mehr als 60 Jahre zurück. Vor einigen Jahren fiel ein beträchtliches Stück Mauerwerk von der Außenwand ab und verfehlte eine royale Karosse nur knapp. Als ein Klempner die private Toilette in den königlichen Gemächern reparieren wollte, brach diese aus der Wand. Besonders fürchtet Haushälter Johnston-Burt, dass die alten elektrischen Leitungen bald einen Brand verursachen könnten. Niemand unter den älteren Mitgliedern der königlichen Entourage hat das Feuer vergessen, das 1992 im Windsor Castle ausbrach. Die Königin war damals außerordentlich betrübt, und es kostete 250 Millionen Pfund, die Schäden zu beseitigen.

Knapp ein Viertel des Jahres übernachtet Elizabeth im Buckingham Palace (im Jahr 2015: 88 Nächte), der in der Familie nur "das Haus" genannt wird. Von allen Palästen ist es derjenige, den sie am wenigsten schätzt. Am liebsten ist sie auf ihrem Landsitz Balmoral Castle in Schottland, wo sie ihre Sommerfrische verbringt. Auch Windsor Castle findet sie ganz kommod, dort verbrachte sie im vergangenen Jahr 159 Nächte. Buckingham Palace ist der Queen zu ungemütlich und vor allen Dingen zu groß: Der Palast hat 775 Zimmer, 78 Klos, 760 Fenster und 1514 Türen. Bei der anstehenden Renovierung werden unter anderem 2500 Heizungen ersetzt.

Dass die Kosten vom Steuerzahler getragen werden, liegt daran, dass das Gebäude dem Staat gehört. Es ist Teil des "Crown Estate", des Kronguts, das sich im Besitz der britischen Krone befindet, aber nicht persönliches Eigentum der Monarchin ist, sondern lediglich von dieser treuhänderisch verwaltet wird. Zum Crown Estate gehören zum Beispiel Immobilien in London und anderen britischen Städten, die Pferderennbahn in Ascot, die Kronjuwelen, diverse Wälder und Landwirtschaftsflächen, sowie der größte Teil des die Insel umgebenden Meeresgrunds. Von den Erlösen des Kronguts erhält die Monarchin jährlich 15 Prozent, der Rest fällt an den Staat. Im vergangenen Jahr erhielt Elizabeth 43 Millionen Pfund, knapp 50 Millionen Euro.

Muss die britische Königin jetzt bald im Garten schlafen?

Wegen der anstehenden Renovierung des Buckingham Palace soll diese Ausschüttung in den kommenden zehn Jahren auf 25 Prozent erhöht werden. Das bedeutet, dass Elizabeth die Arbeiten am Palast zwar aus ihrem Budget bezahlt, jedoch mit Geld, das der Staat zusätzlich zur Verfügung stellt. Zur Höhe ihres Privatvermögens gibt es nur Schätzungen, es soll sich auf einen Betrag zwischen 300 und 400 Millionen Euro belaufen.

Zunächst hatte es geheißen, die Königin könnte während der Renovierung aus dem Palast ausziehen. Da die Arbeiten über zehn Jahre gestreckt werden, soll der normale Betrieb jedoch aufrechterhalten werden. Allerdings müssen rund 125 der 300 Angestellten in provisorische Unterkünfte im Garten des Palastes umziehen.

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