Sollte es sich Sultan Hassanal Bolkiah von Brunei nicht noch einmal anders überlegen, dann müssen Homosexuelle und Ehebrecher bald damit rechnen, gesteinigt zu werden. Dieben sollen Hände oder Füße amputiert werden. Offenbar wären nach den neuen Regeln nicht einmal Kinder vor den Strafen geschützt.
Die Verschärfungen im islamischen Recht Bruneis sollen am 3. April in Kraft treten. So ist es in einer online veröffentlichten Erklärung des Generalstaatsanwalts von Brunei vom 29. Dezember 2018 festgehalten - und so befürchten es Menschenrechtler. Brunei müsse die Pläne umgehend stoppen, sagte Rachel Chhoa-Howard von Amnesty International.
Homosexualität:"Die Angst, dass Leute erfahren, dass man schwul ist, ist immer da"
Homosexualität wird in muslimischen Gemeinden häufig stigmatisiert. Im Münchner Schwulenzentrum Sub gibt es nun eine erste Selbsthilfegruppe - sogar in dem geschützten Umfeld ist zu spüren, wie brisant das Thema ist.
Das Dokument über die Gesetzesänderung in Brunei war zunächst international kaum aufgefallen. Das Ölsultanat auf der Insel Borneo hat dazu keine offizielle Erklärung abgegeben, offenbar ist es bestrebt, wenig Aufsehen zu erregen. Auch im Land selbst gibt es keinen Protest dagegen, der konservative Islam ist dort erstarkt. Für alle, die im Sultanat anders denken, ist es äußerst riskant, die Obrigkeit zu kritisieren. Schon einmal hat Brunei die Einführung der neuen Strafen aufgeschoben. Aber wird dies auch in den kommenden Tagen geschehen?
Damals, vor fünf Jahren, formierte sich internationaler Protest. Aktivisten riefen zu einem Boykott von Luxushotels auf, die dem Sultan von Brunei gehören, zum Beispiel das berühmte Beverly Hills Hotel am Sunset Boulevard im US-Bundesstaat Kalifornien. Prominente sicherten zu, sie würden künftig keinen Fuß mehr ins Beverly Hills setzen, wenn Brunei an den Plänen festhalte. Der Aufschrei schien damals Wirkung gezeigt zu haben, zumindest wurde die Einführung der neuen Strafen ohne Angabe von Gründen aufgeschoben.
Auch diesmal gehen Prominente wie der US-Schauspieler George Clooney an die Öffentlichkeit und rufen zum Protest vor insgesamt neun Luxushotels auf, die dem Sultan gehören. Diesmal zeigt sich Brunei aber unbeeindruckt.
Scheinheilige Frömmigkeit?
Schon jetzt gilt im Sultanat für Homosexualität eine Gefängnisstrafe von zehn Jahren. Wenn die neuen Regeln in Kraft treten, kann gleichgeschlechtlicher Sex mit dem Tod bestraft werden. Hassanal Bolkiah herrscht über sein kleines, aber wohlhabendes Reich schon seit dem Jahr 1967. Eine Zeit lang galt er als reichster Mensch der Welt, zu dem ihn die Ölvorkommen des Sultanats gemacht haben. Der Monarch, der 420 000 Untertanen regiert, lebt in einem Palast mit 1788 Zimmern. Immer wieder kam die weitgehend abgeschottete Welt der Monarchenfamilie ins Gerede: Angehörige des Sultans sollen ausschweifende Partys gefeiert haben, ein Bruder, Prinz Jefri, bestreitet den Vorwurf, Milliarden mit Orgien und seinem extravaganten Lebensstil verpulvert zu haben.
Sultan Bolkiah, in früheren Jahren ebenfalls als Playboy bekannt, hat sich später immer stärker der Religion zugewandt. 80 Prozent der Bewohner Bruneis sind Muslime, der Islam ist dort konservativer als in den meisten anderen muslimischen Regionen Südostasiens.
Dass sich der Sultan aber jetzt für ein derart drakonisches Strafrecht entschieden hat, erklären Experten mit dem Versuch, seine Herrschaft durch die Religion abzusichern. Indem der Sultan nun selbst die Scharia in seinem Reich ausweitet, kommt er einer möglichen Opposition zuvor, die sich in den streng religiösen Kreisen formieren könnte. Ein Herrscher, der sich als Wächter über die Religion in Szene setzt, wäre gemäß dieser Interpretation kaum angreifbar.