USA:Der Sinneswandel des Jamie Spears

Ein Drittel ihres Lebens stand Britney Spears unter der Vormundschaft ihres Vaters. Nun hat er beantragt, diese abzugeben. Wer ist der Mann?

Von Veronika Wulf

Es ist der Anfang des Endes von 13 Jahren Vormundschaft. 13 Jahre, die wie Sklaverei waren, so beschreibt es Britney Spears. 13 Jahre, die der Sängerin geholfen haben, eine schwere Lebenskrise zu überwinden, so beschreibt es ihr Vater nun. Am Dienstag hat Jamie Spears das getan, was seine Tochter mehrmals von ihm verlangt und er abgelehnt hatte: Er hat beim Los Angeles County Superior Court den Antrag gestellt, die Vormundschaft abzugeben. Seine Tochter habe das Recht, dass dieses Gericht nun ernsthaft prüfe, ob die Vormundschaft nicht mehr erforderlich sei, zitierte NBC News aus dem Antrag.

Damit ist nun amtlich, was Jamie Spears vor vier Wochen bereits überraschend angekündigt hatte - auch wenn er "keine triftigen Gründe" sehe, die Vormundschaft "zu suspendieren oder zu beenden", wie er damals sagte. Den Zeitpunkt hatte er offen gelassen, nur so viel: "zur rechten Zeit". Nun sah er die Zeit offenbar gekommen, oder der Druck von außen wurde einfach zu groß. Denn diesmal klingt er ganz anders: Die Lebensumstände seiner 39 Jahre alten Tochter hätten sich "in einem solchen Ausmaß verändert, dass die Gründe für die Einsetzung einer Vormundschaft nicht mehr bestehen", heißt es nun in dem Antrag.

FILE PHOTO: Singer Spears poses at the 29th Annual GLAAD Media Awards in Beverly Hills

Britney Spears auf einem Bild aus dem Jahr 2018. Zu dem Zeitpunkt stand sie bereits zehn Jahre unter Vormundschaft.

(Foto: Mario Anzuoni/Reuters)

Anhänger der #FreeBritney-Bewegung, unter ihnen Prominente wie Paris Hilton und Sängerin Cher, fordern seit Langem ein Ende der Vormundschaft, die nun schon ein Drittel des Lebens der Sängerin andauert. Britney Spears' Anwalt Mathew Rosengart hatte Anfang September auf einen sofortigen Abtritt ihres Vaters als Vormund gedrungen. Und nicht zuletzt die Sängerin selbst hatte den Druck erhöht, als sie drohte, noch mehr auszupacken, nachdem sie im Juni vor Gericht ausgesagt hatte, ihr Vater habe sie Anfang 2019 gegen ihren Willen in eine psychiatrische Einrichtung gesteckt, er habe sie ausgebeutet und missbraucht. Für Rosengart und Britneys Anhänger ist die Sache klar: Jamie Spears will sich nur an seiner Tochter bereichern - und habe dies jahrelang auch getan. Er selbst sieht sich als Unterstützer in schweren Zeiten. Wer ist der Mann?

"Sehr schwierige Erziehung"

James Parnell Spears, 69, genannt Jamie, kam Anfang der 50er-Jahre in der Kleinstadt Kentwood im US-Bundesstaat Louisiana zur Welt, wo er einen Großteil seines Lebens verbrachte. Sein Vater, ein Kesselmacher, war streng und verlangte viel, schreibt die New York Times. "Sein Daddy war so hart zu ihm, aber Jamie liebte ihn und respektierte ihn", zitiert die Zeitung Spears' ehemaligen Footballtrainer. Debbie Sanders Cross, Jamies erste Ehefrau, mit der er drei Jahre verheiratet war, sagte mal, die "sehr schwierige Erziehung" habe ihn beeinflusst. "Ich glaube wirklich, dass er deshalb versucht, Britney so zu beschützen."

Jamie Spears erfuhr früh, was Verlust bedeutet. Als er 13 war, nahm sich seine Mutter das Leben, wie US-Medien schreiben. Mit 17 überlebte er einen Autounfall, bei dem ein Football-Mannschaftskollege starb. Mit 22 wurde er einem Nachrichtenbericht zufolge festgenommen wegen Drogen am Steuer.

Seine zweite Ehe, mit Britneys Mutter Lynne Spears, dauerte 24 Jahre, war jedoch immer wieder von Streit und Trennungen unterbrochen. Lynne Spears hatte, im Jahr bevor Britney zur Welt kam, bereits die Scheidung eingereicht und eine einstweilige Verfügung beantragt, da sie befürchtete, ihr Mann könnte sie aufgrund der Scheidungspapiere belästigen oder verletzen, vor allem unter Alkoholeinfluss, so die New York Times. Sie vertrugen sich wieder und ließen sich erst 2002 scheiden, vier Jahre nachdem die Familie Insolvenz angemeldet hatte.

Britneys Erfolg brachte der Familie Geld ein, das sie dringend benötigte. Als seine Tochter 2008 wegen privater und beruflicher Probleme psychisch zusammenbrach, nutzte Jamie Spears die Gelegenheit und erreichte per Eilantrag die Vormundschaft - und die Kontrolle über das Leben und die Finanzen seiner Tochter. Der Grund: eine psychische Erkrankung und Drogenmissbrauch. Nur wenige Jahre vorher hatte Jamie Spears US-Medienberichten zufolge selbst noch einen Alkoholentzug gemacht.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusStreit um Vormundschaft
:Die neue Waffe der Britney Spears

Jamie Spears hat überraschend angekündigt, die Vormundschaft für seine Tochter abzugeben. Dahinter könnte Kalkül stecken - und Angst davor, dass die Sängerin redet.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: