Britisches Außenministerium restauriert Schlange:Ärger um antike Anakonda

Arbeitslose und Familien sollen sparen, das Außenministerium dagegen lässt ein teures Spezialisten-Team eine uralte Schlange restaurieren. Im Netz witzelt man über "steuerfinanziertes Schlangen-Stopfen" und fragt, welche Sparsamkeit eigentlich gemeint sei. Wie ein Geschenk aus dem 19. Jahrhundert zum Politikum wurde.

Charlotte Theile

Anakonda Albert

Viel Schlange, viel Ärger: Die Restauration von Anakonda Albert hat sich das britische Außenministerium schlappe 10.000 Pfund kosten lassen. Und das in Zeiten der Sozialkürzungen.

(Foto: REUTERS)

Er ist ungefähr 120 Jahre alt, sechs Meter lang und sieht aus wie eine Ballettstange: Albert, eine Anakonda, die im 19. Jahrhundert als Geschenk an das Außenministerium nach London kam, erregt momentan die Gemüter der Briten. Paul Staines, Betreiber des "Guy Fawkes Blog", für "Komplotte, Gerüchte, Verschwörungen", hatte beim Ministerium nachgefragt, wie viel denn die Restaurierung des sechs Meter langen Tieres gekostet habe.

10.000 Pfund, etwa 12.500 Euro, antwortete das Ministerium - und begründete die Ausgabe ausführlich: Albert sei, "vermutlich" von einem Bischof aus Guyana überreicht worden, Genaueres wisse man nicht. Fest stehe jedoch, dass "er" bereits auf einem Foto von 1892 auftauche, also schon mindestens 120 Jahre im Besitz des Außenministeriums sei. Wie bei Geschenken üblich, wird Albert als Vermögensgegenstand betrachtet, den es zu erhalten gilt, so die Behörde des konservativen Politikers William Hague.

Diese Aufgabe ist wohl zuletzt vernachlässigt worden. Bei einer Renovierung musste Albert seinen angestammten Platz in der Ansell Bibliothek verlassen - dabei fiel auf, wie schlecht es um ihn bestellt war. Es wurde entschieden, nicht nur die Räume, sondern auch Albert einer Generalüberholung zu unterziehen. Zuletzt sei das wohl in den 1960er oder 1970er Jahren geschehen, die Kosten von damals könne man nicht mehr rekapitulieren, erklärte das Ministerium in Sachen Albert.

2012 jedoch lief alles dokumentiert und nach neuestem Stand der Technik ab: Das "Conservation Team" des Naturgeschichtlichen Museums sei vom 21. Mai bis zum 26. Juni mit der Wiederherstellung Alberts beschäftigt gewesen, hochqualifizierte Spezialisten, wie das Ministerium betont, die sich sehr intensiv um Albert bemüht hätten. Unter anderem wurde die Schlange geröntgt, ein "CT-Scanning" sei nötig gewesen, sprich: Computertomographie. Eines der teuersten und aufwendigsten Verfahren der Medizin.

Sozialkürzungen vs. Schlangen-Restauration

Während Großbritanniens Premier David Cameron seinen Bürgern Sozialkürzungen in Milliardenhöhe und Stellenstreichungen im Öffentlichen Dienst verkünden muss, wirkt die teure Behandlung einer antiken Anakonda wie aus der Zeit gefallen. Auch BBC hat inzwischen über Albert berichtet, wenn auch ohne den Zusatz des Verschwörungs-Bloggers Staines: "Austerity, what Austerity?" auf Deutsch etwa "Welche Sparsamkeit?" Auch die Überschrift:"Hagues steuerfinanziertes Schlangen-Stopfen" macht deutlich, was der Blogger von der Aktion hält.

Aus der Zeit gefallen wirkt auch das Foto, das Albert nun bekannt macht: Statt die Bewegungen einer Schlange zu simulieren, hängt die Anakonda vor altehrwürdigen Holzregalen und einer Uhr, die wahrscheinlich schon dort war, als der südamerikanische Bischoff sein Geschenk überreichte.

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