Süddeutsche Zeitung

Britische Telefonhäuschen:Auf der roten Liste

Rettet die roten Telefonhäuschen: Wegen der grassierenden Handy-Sucht fürchten britische Städte um ihr Markenzeichen - und kommen mit ungewöhnlichen Lösungsvorschlägen.

Was ist ein untrüglicher Beweis dafür, dass ein Film in London spielt? Genau. Ein roter Doppeldecker-Bus fährt durchs Bild. Und wie erkennt man andere britische Städte? An den roten Telefonhäuschen.

Bislang sind die Briten allerdings eher lieblos mit diesen Markenzeichen umgegangen. Wer je verzweifelt auf der Suche nach einem öffentlichen Telefon in Großbritannien war, weiß: In einer Reihe von fünf roten Häuschen steckt in dem ersten eine Münze fest, das daneben funktioniert - wenn überhaupt - nur mit Karte, bei dem dritten ist der Hörer abgerissen, das vierte wurde als Mülleimer oder für noch Schlimmeres missbraucht - und das fünfte, das einzig funktionierende, ist besetzt.

Telefonhäuschen frei zur Adoption

Jetzt aber schlagen britische Städte Alarm: Sie fürchten um ihr Markenzeichen. Denn wegen der grassierenden Handy-Sucht muss der Betreiber British Telecom (BT) immer mehr öffentliche Fernsprecher schließen. Sie rentieren sich schlichtweg nicht mehr.

Um die bedrohten Häuschen vor dem Aussterben zu retten, hat sich BT deshalb eine ungewöhnliche Maßnahme ausgedacht: Der Konzern gibt die unrentablen Häuschen zur Adoption frei.

Der Plan ist, dass Gemeinden diese für eine jährliche Gebühr von 500 Pfund (630 Euro) adoptieren und weiter betreiben. Damit revidierte der Telekommunikationskonzern seine Entscheidung, überflüssige Häuschen abzubauen. Auch könnten die Gemeinden die Häuschen ohne funktionierendes Telefon erhalten - als Kulturerbe gewissermaßen.

Die Rettungsaktion hätten eine Reihe von Bürgern und Kommunen vorgeschlagen, teilte BT mit. Der Konzern betonte, keine Zellen bis zum 1. Oktober abzubauen; dann läuft die Frist für die Kommunen für eine "Adoption" oder ein "Sponsoring" aus.

Im Jahr 2002 betrieb BT noch rund 95.000 Telefonzellen im Vereinten Königreich. 31.000 sind jedoch seitdem entfernt worden, nachdem die Nutzung der öffentlichen Telefone wegen der Mobiltelefone rapide zurückgegangen war.

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