Moleturm in Bremerhaven:Der Turm wankt

Lesezeit: 2 Min.

Der schiefe Turm von Bremerhaven: In der Nacht zum Donnerstag hatte sich die Nordmole abgesenkt, wodurch der rund 20 Meter hohe Turm in eine bedrohliche Schieflage geriet. (Foto: Markus Hibbeler/dpa)

Ein abgesackter Leuchtturm bewegt in Bremerhaven die Gemüter. Dass die Mole darunter marode ist, war kein Geheimnis - nun versuchen sie zu retten, was noch zu retten ist.

Von Saskia Aleythe

Steht er noch? Wer wissen wollte, wie es um den Molenturm in Bremerhaven bestellt ist, konnte am Montag den ganzen Tag über die Lage verfolgen: Das Regionalmagazin Buten und Binnen hatte einen Livestream eingerichtet, darin zu sehen war das Türmchen, das gerade die Gemüter bewegt, und ein Baukran, der das Schlimmste verhindern soll. Denn der rund 20 Meter hohe Turm steht seit Donnerstag vergangener Woche schief: Da hat sich die Mole, auf der er vor über 100 Jahren errichtet worden war, abgesenkt. Der Molenkopf - also die Spitze des aufgeschütteten Damms - steht seitdem gekippt, und mit ihm der Turm. Wenigstens die rote Kuppel soll jetzt noch gerettet werden.

Es ist ein Anblick, der für viele Bremerhavener nur schwer zu ertragen ist. "Das geht an die Seele der Stadt", sagt Volker Trimkowski, Geschäftsführer des Wassersportvereins Wulsdorf. "Die Stadt ist im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden und wir freuen uns über alles, was an Altem übrig geblieben ist." Dass die Mole marode ist, war in Bremerhaven schon lange bekannt, "das ist auch der Grund, warum die Leute jetzt sauer sind." Seit 2015 ist der Zugang gesperrt, der Turm, der 1914 in Betrieb ging, steht unter Denkmalschutz. Viele in der Region stellen sich nun die Frage: Warum geht man so mit seinen Denkmälern um?

Auch Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) übte in einer Mitteilung Kritik. "Wenn man zynisch sein wollte, könnte man sagen, das war ein Desaster mit Ansage. Ich habe seit Jahren die Verantwortlichen im Senat und bei Bremenports dringlich auf die Notwendigkeit der Sanierung der Nordmole hingewiesen, aber leider ist nichts Sichtbares passiert", so Grantz. Der Turm gehört der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die Mole ist Eigentum des Landes Bremen. Bei Bremenports, der zuständigen Gesellschaft für das Hafengebiet, sieht man keine Gründe für eine Kontroverse. "Wir sehen in dem Ablauf, den es gegeben hat, keine Auffälligkeiten und keine besonderen Schwächen", sagt Sprecher Holger Bruns. Ende 2018 hatte der Senat Planungsmittel für die Sanierung der Mole bewilligt. Nun sei man kurz davor, das Planfeststellungsverfahren einzuleiten, sagt Bruns. "Das ist ein ganz normaler Zeitablauf bei einem Wasserbauwerk. Wenn man das innerhalb von sechs bis acht Jahren fertig bekommt, hat man vernünftig gearbeitet. In diesem Zeitrahmen bewegen wir uns auch."

Schon 1991 wurde der Zustand der Mole moniert

Tatsächlich ist 2018 ja auch schon ein reichlich später Zeitpunkt, um Gelder bereitzustellen. Die heimische Nordsee Zeitung hat bei einem Blick ins Archiv Artikel von 1991 gefunden, die den "katastrophalen Bauzustand" der Mole monieren. Errichtet ist sie laut Bremenports auf Holzpfählen, die bei "Niedrigwasser" nun versagt hätten. Wobei Niedrigwasser nicht mit den Umwelteinflüssen zu verwechseln ist, die sich gerade am Rhein zeigen, sondern lediglich die Auswirkung der Gezeiten an der Nordsee meint. Hochwasser trägt eher zur Stabilisierung des wackligen Gebildes bei als Niedrigwasser.

Die vergangenen Tage in Bremerhaven waren hektisch, zunächst war die Ein- und Ausfahrt in den Hafen für alle gesperrt. Ein Einsturz des Gebäudes hätte enorme Wellen verursacht, eine Gefahr vor allem für Wassersportler. Dann wurde neben den Turm ein Schiff mit einem Ponton gefahren, darauf stehen 110 Strohquader, auf die der Turm fallen könnte. Und nun versuchen sie zu retten, was noch zu retten ist: Der Turm wird zurückgebaut; Spezialkräfte versuchen mit Wasserstrahlen die rote Haube abzulösen. Sollte das Vorhaben scheitern, könnten sie den Turm auch kontrolliert umfallen lassen.

Die neue Mole soll dann ein Stück weiter Richtung Norden gebaut werden, um sich für größere Schiffe zu öffnen, sagt Bremenports-Sprecher Bruns. "Der denkmalgeschützte Turm wird definitiv wieder so aufgebaut, wie er jetzt da steht", sagt er, wohl in drei bis vier Jahren. "Bremerhaven bekommt diesen Turm zurück." Aber dass er umfällt, das will hier eben trotzdem niemand sehen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: