Brasilien:Kaum noch Hoffnung auf Überlebende nach Dammbruch

Debris are seen in an area next to a dam owned by Brazilian miner Vale SA that burst, in Brumadinho

Nach dem Bruch eines Staudamms im Südosten Brasiliens hat eine Schlammlawine eine Straße überflutet und mehrere Häuser unter sich begraben.

(Foto: REUTERS)
  • Nach einem Dammbruch im Südosten Brasiliens werden etwa 300 Menschen vermisst. Bislang wurden neun Leichen geborgen.
  • Der Damm in Brumadinho, in der Nähe von Belo Horizonte, gehörte dem größten brasilianischen Bergbauunternehmen Vale.
  • Die Stadtverwaltung gab eine Warnmeldung heraus und forderte die Anwohner auf, sich von den Ufern des Flusses Paraopeba fernzuhalten.

Bei einem Dammbruch im Südosten Brasiliens sind am Freitag mindestens neun Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 300 Personen werden noch vermisst. Es gebe nur noch eine "winzige Chance", Überlebende zu finden, sagte der Gouverneur des Bundesstaates Minas Gerais, Romeu Zema. Der Dammbruch ereignete sich an einer Eisenerzmine. Sie gehört dem größten brasilianischen Bergbauunternehmen Vale. Wie genau es zu dem Unfall kam, ist nach Angaben des Firmenchefs bislang unklar.

Bei den meisten Opfern handele es sich um Minenarbeiter, sagte der Chef des Bergbauunternehmens Vale, Fabio Schvartsman. Die Opferzahl sei noch unbekannt, "aber wir wissen, dass sie hoch sein wird". Die Schlammlawine habe unter anderem die Kantine des Bergwerks unter sich begraben, als gerade Mittagszeit war. 279 Menschen konnten nach Behördenangaben lebend gerettet werden. Fernsehbilder zeigten, wie Menschen von Hubschraubern aus dem hüfthoch stehenden Schlamm gezogen wurden.

Die Schlammlawine hatte mehrere Häuser unter sich begraben, wie auf Luftaufnahmen zu sehen war. Einige Häuser waren bis zum Dach unter den Erdmassen verschwunden. Auf einem ersten Video war zu sehen, wie die Schlammlawine eine Straße überflutete. Die Besatzung eines Rettungshubschraubers versuchte, zwei Menschen, die bis zum Bauch im Schlamm steckten, zu befreien.

In Brumadinho warteten zahlreiche Angehörige von Minenarbeitern auf Nachrichten von ihren Lieben. "Sie wollen uns nichts sagen!" schimpfte Olivia Rios, eine von ihnen. "Das sind unsere Söhne, unsere Ehemänner, und niemand sagt uns etwas. Mein fünfjähriger Neffe hat mich gefragt, ob sein Papa tot ist. Was soll ich ihm nun sagen?"

Die Nationale Wasseragentur koordiniere Maßnahmen, um die Versorgung der Städte sicherzustellen, die Wasser aus dem nahegelegenen Paraopeba-Fluss gewinnen, der ebenfalls von der Schlammlawine getroffen wurde, sagte Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro in einer Rede. Medien zufolge rief die Regierung ein Krisenkabinett ein.

Er werde die Region überfliegen, um den Schaden zu sehen, sagte Bolsonaro. Es würde alles Mögliche getan, um eine Verschmutzung der Umwelt einzudämmen und den Angehörigen möglicher Opfer zu helfen. Der Umweltminister sei auf dem Weg in das Gebiet, schrieb der Präsident auf Twitter. Auch die drei Minister für Zivilschutz, Entwicklung und Bergbau seien unterwegs.

Stadtverwaltung hat eine Warnmeldung herausgegeben und evakuiert

Die 39 000-Einwohner-Stadt Brumadinho liegt etwa 60 Kilometer südwestlich von Belo Horizonte im Südosten Brasiliens. Die Stadtverwaltung gab eine Warnmeldung heraus und forderte die Anwohner auf, sich von den Ufern des Flusses Paraopeba fernzuhalten. Bewohner tiefliegender Gebiete wurden evakuiert und aus ihren Häusern in Sicherheit gebracht, wie Vertreter des Zivilschutzes sagten.

Umweltminister Ricardo Salles sagte der Website G1, ein Notfallteam von der Umweltbehörde Ibama sei auf dem Weg ins Katastrophengebiet. Fünf Hubschrauber wurden losgeschickt, um nach Überlebenden zu suchen und das Ausmaß der Zerstörungen zu beurteilen.

Das Unglück erinnert an eine Giftschlammkatastrophe im November 2015. Nahe der Stadt Mariana in Minas Gerais war damals der Damm eines Klärbeckens mit giftigen Stoffen aus der Bergbauindustrie gebrochen. Die Schlammlawine begrub das Bergarbeiterdorf Bento Rodrigues unter sich. 19 Menschen wurden getötet. Die Giftstoffe waren damals auch in den Fluss Río Doce und später in den 650 Kilometer entfernten Atlantik gelangt. Tausende Tiere verendeten, Hunderttausende Menschen hatten kein sauberes Trinkwasser mehr. Nach Angaben der Regierung handelt es sich um die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte des südamerikanischen Landes.

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