Süddeutsche Zeitung

Waldbrände in Brasilien:Bolsonaro verspricht "Null-Toleranz-Politik" gegen Brandstifter

  • Zur Bekämpfung der Waldbrände schickt Präsident Bolsonaro das Militär und verspricht eine Null-Toleranz-Politik gegen Umweltverbrechen.
  • Rund 44 000 Soldaten der brasilianischen Armee haben mit den Löschmaßnahmen begonnen.
  • Am Rande des G7-Gipfels kündigte Frankreichs Präsident Macron Hilfe an: Die G7-Staaten wollen sich darauf einigen, den betroffenen Ländern rasch zu helfen.
  • Gleichzeitig ist eine Diskussion um die Ratifizierung des Freihandelsabkommens der EU mit dem Mercosur-Bündnis entbrannt.

Angesichts der verheerenden Brände im brasilianischen Regenwald will Präsident Jair Bolsonaro hart gegen die Verantwortlichen vorgehen. "Wir sind eine Regierung der Null-Toleranz-Politik gegenüber der Kriminalität, und im Bereich der Umwelt ist das nicht anders", sagte der Staatschef am Freitagabend (Ortszeit) in einer Fernsehansprache. "Wir werden entschlossen handeln, um die Feuer unter Kontrolle zu bringen."

Das Militär soll in den betroffenen Regionen bei den Löscharbeiten helfen und gegen Brandstifter vorgehen. Am Samstag hatte der Einsatz begonnen, für den insgesamt 44 000 Soldaten zur Verfügung stehen. Bislang haben sechs der neun Bundesstaaten in der Amazonas-Region Unterstützung der Streitkräfte angefordert - neben Rondônia, wo der Einsatz begonnen hatte, waren das Roraima, Tocantins, Para, Acre und Mato Grosso. Das Justizministerium hat zudem eine Entsendung von Bundespolizisten in die Brandgebiete angekündigt. Dort sollen sie örtliche Stellen und sowie den Kampf gegen "illegale Rodungen" unterstützen.

Die Gouverneure der Bundesstaaten im Amazonasgebiet forderten unterdessen mehr Unterstützung der Regierung in Brasília und baten um ein Dringlichkeitstreffen mit Präsident Bolsonaro. Die Bundesregierung und die Regionen sollten enger zusammenarbeiten, um die Feuer zu löschen und die Brandstifter zu verfolgen, hieß es in einem Brief an den Staatschef.

Die Staatsanwaltschaft leitete bereits erste Ermittlungen wegen der Brände ein. Unter anderem soll geklärt werden, warum die Polizei den sogenannten "Tag des Feuers" nicht verhinderte. Dabei hatten Farmer zahlreiche Brände gelegt und sich Medienberichten zufolge explizit auf Bolsonaro berufen.

Umweltschützer werfen Bolsonaro vor, ein politisches Klima geschaffen zu haben, in dem sich Bauern zu immer mehr Abholzung und Brandrodung ermutigt sehen. Der Staatschef hat immer wieder klar gemacht, dass er die Amazonasregion vor allem mit ungenutztem wirtschaftlichen Potenzial verbindet. "Man muss bedenken, dass in dieser Region mehr als 20 Millionen Brasilianer leben, die seit Jahren auf eine wirtschaftliche Entwicklung warten, die dem dort vorhandenen Reichtum entspricht", sagte Bolsonaro nun erneut.

83 Prozent mehr Waldbrände als im Vorjahr

In Brasilien, wo etwa zwei Drittel des Amazonas-Regenwaldes liegen, wüten die heftigsten Brände seit Jahren. Die Zahl der Feuer stieg nach Angaben der brasilianischen Weltraumagentur INPE seit Anfang des Jahres um 83 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte die Brände im Amazonasgebiet wegen der Bedeutung des Regenwaldes für den Klimaschutz auf die Tagesordnung beim G7-Gipfel in Biarritz gesetzt. "Das Amazonasgebiet ist unser Gemeingut", sagte er am Samstag im Fernsehen. Bolsonaro bedankte sich zwar für die internationale Anteilnahme, verbat sich allerdings eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes. Zuvor hatte es einen Streit zwischen Macron und Bolsonaro via Twitter gegeben. Nach Macrons Tweet "Unser Haus brennt. Buchstäblich", hatte Bolsonaro ihm Effekthascherei und den Versuch vorgeworfen, "persönlichen politischen Gewinn" aus einer "inneren Angelegenheit" Brasiliens zu ziehen.

Am Rande des G7-Gipfels kündigte Macron nun Hilfe an: Die G7-Staaten wollen sich darauf einigen, den betroffenen Ländern rasch zu helfen, sagte er am Sonntag. Kolumbien habe die internationale Gemeinschaft bereits um Unterstützung gebeten. Mit den Ländern der Region in Südamerika werde Kontakt aufgenommen. Es gehe um "technische und finanzielle Mittel", fügte Macron hinzu. Zudem bekräftigte er seine frühere Forderung, dass es auch Hilfe für die Aufforstung geben müsse.

Mittlerweile hat sich sogar Papst Franziskus geäußert: "Beten wir, damit sie mit dem Einsatz aller so schnell wie möglich gebändigt werden", sagte das katholische Kirchenoberhaupt mit Blick auf die verheerenden Brände am Sonntag vor Tausenden Gläubigen nach dem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz. Der Regenwald sei als grüne Lunge "lebensnotwendig für unseren Planeten".

Derweil haben einige europäische Länder, neben Frankreich zum Beispiel Irland, wegen der brasilianischen Umweltpolitik die Ratifizierung des Freihandelsabkommens zwischen dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnisses Mercosur und der EU in Frage gestellt. Anders als Frankreich und Irland hält Bundeskanzlerin Angela Merkel Wirtschaftspolitik aber offenbar nicht für das geeignete Druckmittel im Umgang mit Brasilien. Ein Handelsabkommen der Europäischen Union mit dem Mercosur-Bündnis zu behindern, helfe nicht dabei, die Zerstörung des Regenwalds in Brasilien einzudämmen, teilte die Bundesregierung am Samstag in einer E-Mail mit. Der Pakt enthalte ein "ehrgeiziges" Kapitel zum Thema Nachhaltigkeit und bindende Regeln zum Klimaschutz. Den Deal nicht abzuschließen, sei daher nicht die "angemessene" Reaktion auf das aktuelle Geschehen.

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