Süddeutsche Zeitung

Bootsflüchtlinge auf Rhodos:Geschichte eines Retters

  • Inmitten der Hiobsbotschaften zu ertrinkenden Flüchtlingen im Mittelmeer macht eine Geschichte aus Rhodos Schlagzeilen.
  • Der Grieche Antonis Deligiorgis rettete 20 Flüchtlingen das Leben, die vor einem Strand mit ihrem Boot kenterten.
  • In einem Interview erzählt er nun einer britischen Zeitung seine Erlebnisse, als Held will sich der 34-Jährige aber nicht feiern lassen.

Was am Zefyros-Strand von Rhodos geschah

Am vergangenen Wochenende sorgte der Tod von fast Tausend Flüchtlingen beim Untergang eines einzigen Schiffs im Mittelmeer europaweit für Entsetzen. Am Montag danach ereignete sich dann auf Rhodos ein Schiffbruch, der für die meisten Menschen an Bord ein besseres Ende nahm - dank des Einsatzes der Einheimischen.

Stellvertretend für diese Rettung ist die Geschichte des griechischen Soldaten Antonis Deligiorgis bekannt geworden. Eigentlich wollte dieser mit seiner Frau nur für einen Kaffee in einer Strandbar auf Rhodos Pause machen. Dann kenterte ein Boot direkt in Sichtweite. Wenige Minuten später sprang der 34-Jährige ins Wasser, um so viele der Menschen zu retten wie möglich.

Wen Deligiorgis gerettet hat

Seither wird Deligiorgis für griechische und internationale Medien zu einer Symbolfigur für Hilfsbereitschaft. Symbolisch für die dramatische Rettung steht ein Foto, das Deligiorgis mit der 24-jährigen Wegasi Nebiat aus Eritrea zeigt. Er sei bereits etwa 20 Minuten im Wasser gewesen und habe gegen die Wellen gekämpft, sagte Deligiorgis nun dem britischen Observer, als er Nebiat entdeckte. "Sie hatte große Schwierigkeiten zu atmen", so Deligiorgis. Es sei ihm nur mit Mühe - und mit Hilfe von Männern der Küstenwache - gelungen, sie aus dem Meer zu tragen.

Wie der Guardian berichtet, steht das Schicksal der 24-Jährigen Nebiat für das vieler anderer Bootsflüchtlinge. Ihre Eltern hatten Schleusern 10 000 US-Dollar bezahlt, damit sie die Tochter nach Europa bringen sollten, in die "Freiheit", wie Nebiat es ausdrückte. Die Reise sei dann von Eritrea über den Sudan und mit einem gefälschten Pass die Türkei gegangen. Nach dem Schiffbruch vor Rhodos wurde die junge Frau die Woche über mit Verdacht auf Lungenentzündung behandelt und inzwischen nach Piräus gebracht.

20 der 93 Flüchtlinge soll Deligiorgis alleine an Land geholfen haben. Dem britischen Guardian zufolge brachte der Grieche auch eine schwangere Frau, ebenfalls aus Eritrea, in Sicherheit, die danach im Krankenhaus einen gesunden Jungen zur Welt brachte. Die Frau habe den Krankenschwestern gesagt, sie wolle ihren Sohn aus Dankbarkeit nach ihrem Retter benennen.

"Ich werde nie ihr Gesicht vergessen, niemals"

Nicht für alle kam die Hilfe in Rhodos rechtzeitig. Er könne sich nicht an alles erinnern, so Deligiorgis zum Observer, "woran ich mich aber erinnere, ist, einen Mann um die 40 sterben zu sehen". Dass ihm und den anderen Helfern aber gelungen ist, so viele andere zu retten, wird im krisengeplagten Griechenland nun als beispielhaft gepriesen.

Im Interview darauf angesprochen, ob seine Hilfeleistung heldenhaft gewesen sei, antwortete er nun, er habe nur seine Pflicht "als Mensch, als Mann" getan. Der Moment, als er die junge Frau aus Eritrea aus dem Wasser gefischt habe, werde ihm aber im Gedächtnis bleiben: "Ich werde nie ihr Gesicht vergessen, niemals", so Deligiorgis.

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