Süddeutsche Zeitung

Bombenanschläge in Austin:Diesmal sind die Opfer weiß

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Von Beate Wild, Austin

Die Bars und Straßen waren voll am letzten Tag des Musikfestivals South by Southwest (SXSW). Doch am Abend drang eine Meldung durch die texanische Frühjahrshitze, die in der Stadt für wachsende Panik sorgt: Schon wieder war eine Bombe explodiert, bereits die vierte in zweieinhalb Wochen. Die ersten Explosionen hatten zwei Menschen getötet und zwei weitere schwer verletzt.

Am Sonntagabend traf es zwei junge Männer in ihren Zwanzigern. Sie waren in einer ruhigen Nachbarschaft des Stadtteils "Travis Country" auf dem Fahrrad unterwegs, als der Sprengsatz detonierte. Schwer verletzt wurden sie in ein Krankenhaus gebracht, Augenzeugen zufolge steckten mehrere Nägel in ihren Beinen. Den behandelnden Ärzten zufolge sind die Verwundeten aber nicht in Lebensgefahr.

Polizeichef Brian Manley erklärte, der Sprengsatz sei womöglich durch einen Stolperdraht gezündet worden. Die jüngste Explosion zeige ein "neues Level von Fertigkeiten" des anonymen Bombenbauers. Man gehe davon aus, dass die Anschläge miteinander in Zusammenhang stehen. Das Werk eines Serientäters also.

Bei den ersten drei Sprengsätzen, die in Austin seit Anfang März explodierten, hatte es sich um Paketbomben gehandelt: ausgeklügelte Rohrbomben, die beim Öffnen, manchmal aber auch schon beim Hochheben der Päckchen, in die Luft gingen. Die beiden Todesopfer waren Afro-Amerikaner, die beiden Schwerverletzten eine Schwarze und eine Latina. Die Polizei schloss deshalb zunächst auch ein "Hate Crime", also ein aus Rassismus verübtes Hassverbrechen, nicht aus. Die Opfer der Stolperdraht-Explosion sind jedoch weiß. Die Motive des Täters sind also weiterhin unklar. Die Bombenanschläge waren in den vergangenen Tagen auch Thema in den Clubs rund um das Festival SXSW. Am Samstag hatte die bekannte Hip-Hop-Band "The Roots" ihren Auftritt nach einer Bombendrohung absagen müssen.

Die vierte Bombe explodierte nun in einer Nebenstraße eines als relativ wohlhabend geltenden Stadtteils. Anwohner erhielten innerhalb weniger Minuten einen "Emergency Alert" der Polizei auf ihr Handy. Sie sollten im Umkreis des Tatorts bis Montagvormittag in ihren Häusern bleiben - zur Beweissicherung und aus Sicherheitsgründen.

"Unser Land wird immer grausamer"

Die Austiner sind angesichts der neuen Bedrohung äußerst nervös: In der texanischen Hauptstadt sind viele Menschen mit dem Fahrrad unterwegs, doch aufgrund der schlechten Straßenbeleuchtung kann man nachts an vielen Orten nur schlecht sehen und eine Sprengvorrichtung wohl kaum erkennen. "Es ist schockierend. Ich bin ohne Worte. Unser Land wird immer grausamer", sagt etwa eine Nachbarin. Ein anderer sagt: "Wir müssen jetzt alle gut aufpassen, jeder könnte der Nächste sein. Die Tatsache, dass das auf einem Gehweg passierte, ist erschütternd." In den sozialen Medien herrscht Aufruhr, die Austiner geben sich Tipps und warnen einander.

Bürgermeister Steve Adler versucht derweil, die Bürger zu beruhigen: "Wir werden die Verantwortlichen finden und wir werden dafür sorgen, dass es aufhört." Auf den Kopf des Täters ist eine Belohnung von 115 000 Dollar ausgesetzt. 500 Bundesermittler arbeiten an dem Fall. 236 Zeugen wurden bereits befragt - bislang ohne konkrete Hinweise.

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SZ vom 20.03.2018
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