Bohrinsel-Unglück:"Das ist ein Desaster"

Naturschützer befürchten im Golf von Mexiko die größte Umweltkatastrophe in der US-Geschichte. Tausende helfen mit, doch das Wetter arbeitet gegen sie. Auch Alabama und Mississippi riefen den Notstand aus.

Naturschützer befürchten im Golf von Mexiko die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte der USA. Im Mississippi-Delta werden Naturschutzgebiete von den Ölmassen gefährdet, die am frühen Freitag die Küstengewässer Louisianas erreichten.

Ölpest; Reuters

Bei Breton Sound Island im Golf von Mexiko: Vögel überfliegen von Öl verseuchtes Wasser.

(Foto: Foto: Reuters)

Das Öl sprudelt aus mehreren Lecks einer Ölleitung der gesunkenen Plattform Deepwater Horizon. Nach dem US-Staat Louisiana wurde auch für Teile Floridas sowie für die Bundesstaaten Alabama und Mississippi der Notstand erklärt. Louisianas Gouverneur Bobby Jindal forderte die Nationalgarde an, um bei den erwarteten Säuberungsarbeiten zu helfen. US-Präsident Barack Obama möchte eine "vollständige Aufklärung" des Desasters.

Die Aussichten sind nicht gut: Meteorologen zufolge werden über das Wochenende hohe Wellen erwartet, die das Öl tief ins Marschland im Südosten Louisianas drücken könnte.

Nach dem Untergang der Plattform sprudeln mittlerweile jeden Tag Hunderttausende Liter Öl ins Meer. Tausende Helfer waren an Land im Einsatz. Das Wetter arbeitete gegen sie: Starke Winde und eine raue See trieben den Ölteppich voran und verhinderten Säuberungsarbeiten auf dem Meer.

Augenzeugen berichteten zudem, dass ölverschmutztes Wasser über die ausgebrachten Barrieren gedrückt wird. Umweltschützer fürchten, die Ölpest könne das Tankerunglück der Exxon Valdez 1989 in Alaska noch in den Schatten stellen. Es gilt bisher als schlimmste Ölpest der USA - Hunderttausende Vögel und Fische sowie tausende Säugetiere starben.

Der Ölfilm war am Freitag bis zu 72 Kilometer breit und bis zu 160 Kilometer lang. Hohe Wellen trieben das Öl auf das von Menschen unbewohnte Wildschutzgebiet Pass-A-Loutre am Mississippi-Delta zu.

Nach Berechnungen der Meeresbehörden könnte der Ölteppich über das Wochenende die Küsten Mississippis und Alabamas erreichen. Die bisher verlegten Barrieren mit einer Länge von 61 Kilometern reichten nach Angaben der Experten längst nicht aus, um das Öl von Louisianas Küste fernzuhalten. "Sie halten das Öl nicht draußen", sagte der Chef des Landkreises Plaquemines Parish, Billy Nungesser, der Zeitung Times-Picayune nach einem Flug über die Gegend. "Es wird schlimmer werden, bevor sich eine Besserung einstellt."

"Das ist ein Desaster, jenseits jeden Ausmaßes, das ich je erlebt habe", sagte ein Experte der Ozean-Gesellschaft in San Francisco, Stan Minasian, in US-Medien. Auch die Fischerei- und Tourismus-Industrie verfolgen die Entwicklung mit großer Sorge, sie sehen erneut ihre Existenz bedroht. Die US-Bundesstaaten Louisiana, Mississippi, Florida, Georgia und Alabama waren im August 2005 vom Hurrikan "Katrina" heimgesucht und schwer verwüstet worden.

Ein Sprecher von Obama schloss einen Besuch des US-Präsidenten in der betroffenen Region nicht aus. In den nächsten Tage sei damit aber nicht zu rechnen. Der Präsident unterstrich in Washington, dass BP für die entstehenden Kosten der Ölpest im Golf von Mexiko aufkommen muss. Der Energiekonzern erklärte am Freitag, man wolle die "volle Verantwortung" für den Ölteppich übernehmen.

Die Chefin der US-Umweltbehörde EPA, Lisa Jackson, sprach am Freitag von einer "Herausforderung erster Ordnung". Sie hatte zusammen mit Innenminister Ken Salazar und Heimatschutzministerin Janet Napolitano am Freitag die Katastrophen-Region besucht. Salzar machte keine Hoffnung auf ein schnelles Ende der Krise. "Wir haben noch einen weiten Weg vor uns", erklärte er in Louisiana.

Die Regierungsvertreter machten deutlich, dass sie den Druck auf BP verstärken wollen. Der Ölkonzern müsse "härter, schneller, schlauer" arbeiten, sagte Salazar. Man werde nicht ruhen, bis die Ölquelle geschlossen und "jeder Tropfen Öl" beseitigt sei.

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