Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie "Ein Anruf bei ...":Ein Mann, eine Perücke, ein glücklicher Baum

Der Fernseh-Maler Bob Ross ist 25 Jahre nach seinem Tod noch immer Kult. Ein Gespräch mit Brett und Shantelle Estes, die gerade einen Bob-Ross-Lookalike-Wettbewerb gewonnen haben.

Von Mareen Linnartz

Liebevoller hat vorher vermutlich noch nie jemand Bilder gemalt, vor allem nicht im Fernsehen: In 403 Folgen seiner TV-Serie "The Joy of Painting" brachte Bob Ross von 1983 bis 1994 Landschaften zu Papier, seine Werke erzielen heute fünfstellige Beträge auf Ebay. Mit sanfter Stimme sprach er, während er pinselte, von "happy little trees", glücklichen kleinen Bäumen, oder von "fluffy clouds", flauschigen Wolken. Seine Markenzeichen: Dauerwelle, sanfte Stimme, amerikanischer Optimismus, nach 26 Minuten war jedes Kunstwerk fertig. Nun hat in den USA ein Bob-Ross-Museum eröffnet, in Muncie, Indiana, wo seine TV-Sendung aufgezeichnet wurde. Zur Eröffnung gab es einen Bob-Ross-Lookalike-Wettbewerb, den Brett Estes, 37, gewann - an seiner Seite seine Frau Shantelle, 38, verkleidet als Baum. In einem Video-Interview erzählen sie, wie es dazu kam.

SZ: Oh, Sie sehen ganz anders aus als auf dem Siegerfoto!

Shantelle Estes: Ich habe keine Blätter am Kopf, und Brett, nun, seine Haare ...

Brett Estes: Ich war einer der wenigen mit einer echten Bob-Ross-Frisur, auch wenn es nur eine Perücke ist. Sie passt perfekt zu meinem Bart, hat die gleiche Farbe. Ich denke, es hat auch geholfen, mit Shantelle einen "happy little tree" an meiner Seite gehabt zu haben.

Shantelle Estes: Ich war der einzige Baum.

Die "happy little trees" waren sehr wichtig in Bob Ross' Werk: In 91 Prozent seiner Bilder, hat mal ein Statistiker herausgefunden, taucht zumindest ein Baum auf. Oft malte er noch einen zweiten, versehen mit dem Kommentar: "Everybody needs a friend. Even a tree" - jeder braucht einen Freund, auch ein Baum.

Shantelle Estes: Menschen dagegen hat er kaum gemalt. Er hat mehr als 20 Jahre in Alaska gelebt, als er bei der Air Force war. Dort ist es einsam, wenige Menschen. Vielleicht ist das der Grund.

Wie viele Konkurrenten hatten Sie bei dem Wettbewerb?

Brett Estes: So an die 30. Ich hatte vielleicht einen kleinen Vorteil, ich bin schon ein paar Mal als Bob Ross gegangen, bei Halloween-Festen und einmal auch bei einem Kostümwettbewerb auf einer Kreuzfahrt. Da wollten manche sogar ein Bild mit mir machen, weil ich sie so sehr an Bob erinnerte. Als dann Shantelle von dem Wettbewerb erfuhr, sagte sie: Ein Bob-Ross-Lookalike-Wettbewerb, in deiner Heimatstadt, du musst da hingehen! Eigentlich hätte ich arbeiten müssen. Aber mein Chef hat mir freigegeben.

Shantelle Estes: Ich habe mich dann schnell um mein Kostüm gekümmert, mit Hilfe meiner Schwester, sie hat einen Abschluss in Design. Wir haben ein schwarzes T-Shirt genommen, künstliche Blätter, die normalerweise als Herbstdekoration zu Hause verwendet werden, Heißkleber, fertig. Besonders stolz bin ich auf die Leggings, sie sehen aus wie Rinde.

Was war denn der Preis?

Brett: Hier, ich zeige es Ihnen - eine Bob-Ross-Wackelfigur mit einem großen Pinsel.

Sie leben in Muncie, in der Stadt, in der Bob Ross seine Fernsehsendungen aufzeichnete. Sind Sie ihm je begegnet?

Brett Estes: Oh nein, leider nicht. Es gibt das Gerücht, dass er vor langer Zeit versucht hat, die Mutter eines meiner Freunde zu daten.

Er muss ja schon eine spezielle Person gewesen sein, er hatte beispielsweise ein Eichhörnchen als Haustier.

Brett Estes: Peapod, das taucht, glaube ich, auch in seinen Bildern auf.

Seine Dauerwelle wiederum mochte er irgendwann nicht mehr, aber er wagte es nicht, sie abzuschneiden, weil sie sein Markenzeichen war.

Shantelle Estes: Er trug auch immer Jeans und ein blaues Hemd, weil er fand: Es ist so klassisch, es wird nie aus der Mode kommen.

Brett Estes: Und er hat auf eine sehr spezielle Art gesprochen, weich, sanft.

Shantelle Estes: Ich habe gehört, dass das auch eine Reaktion auf seine Zeit beim Militär war. Er mochte das nicht, wie man dort angebrüllt wird.

Er sprach beim Malen nicht von Fehlern, sondern von "glücklichen kleinen Unfällen", die man umarmen solle. Hat diese Einstellung zu seiner Popularität beigetragen?

Brett Estes: Ich denke schon, Fehler sind ja auch menschlich. Es gibt keinen Grund, deswegen aufzugeben, man sollte einfach weitermachen oder eben weitermalen.

Sie sehen Bob Ross verblüffend ähnlich - können Sie auch malen wie er?

Brett Estes: Oh Gott, nein, ich bin kein Maler.

Shantelle Estes: Ich auch nicht. Ich hätte jetzt aber mal Lust, es auszuprobieren.

Viele Fans von Bob Ross schauen ihm vermutlich einfach zu und malen gar nicht mit. Seine Sendungen laufen immer noch, auch in Deutschland. Was, glauben Sie, macht sie so faszinierend?

Brett Estes: Sie beruhigen. Er selbst, seine Stimme, die Bilder: Das ist alles sehr friedlich. Vielleicht braucht man das mehr denn je.

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