Bluttat in Ludwigsfelde:Mord im Vorzeigeort

Achtzehn Jahre lang war er Bürgermeister der brandenburgischen Stadt Ludwigsfelde. Seit Mittwoch sitzt Heinrich S. im Gefängnis: Heimtückisch soll er kurz vor dem Jahreswechsel seine Frau ermordet haben.

Marlene Weiss, Berlin

Bis vor wenigen Wochen war das brandenburgische Ludwigsfelde ein Vorzeigestädtchen. Zehn Kilometer südlich von Berlin und östlich von Potsdam im Landkreis Teltow-Fläming gelegen, 24.000 Einwohner, niedrige Arbeitslosigkeit, ein kleiner Zuwanderungs- und Geburtenüberschuss: Eigentlich war die Welt der Ludwigsfelder ganz in Ordnung, bis auf den Fluglärm-Streit um den Großflughafen Berlin. Aber mit Ruhe und Frieden ist es vorbei, seit die Ehefrau des früheren SPD-Bürgermeisters Heinrich S. ermordet aufgefunden wurde. Die Ermittler verdächtigen ihren Mann der Tat.

Durchsuchung bei Ex-Bürgermeister

Der ehemalige Bürgermeister von Ludwigsfelde steht unter Verdacht, seine Frau ermordet zu haben. Das Haus des Ehepaares wurde mehrmals durchsucht.

(Foto: dpa)

Seit Mittwoch sitzt der 68-jährige S. in Untersuchungshaft in der Haftanstalt Brandenburg/Havel. Bis Sonntag gab die Staatsanwaltschaft Potsdam nicht bekannt, ob er sich zu den Vorwürfen geäußert hat. Aus der Bevölkerung gingen 48 Hinweise ein, die laut Staatsanwaltschaft den Verdacht erhärteten. Am Freitag wurde den dritten Tag in Folge das Haus des Ehepaares S. in Ludwigsfelde durchsucht.

Mittlerweile ist ein kleines Buch mit dem Titel Wachgeküsst aufgetaucht, das Heinrich S. verfasst haben soll, nach Angaben der Verlegerin wurde es bislang nicht veröffentlicht. In der Erzählung mit autobiographischen Zügen soll es um die erotischen Abenteuer eines Henry Sanders und um Eheprobleme gehen. "Das Buch liegt vor", sagte Oberstaatsanwalt Helmut Lange dazu knapp. Heinrich S. lebte länger getrennt von seiner Frau, erst wenige Wochen vor der Tat war er ins gemeinsame Haus in Ludwigsfelde zurückgekehrt.

Korruptionsvorwürfe gegen den ehemaligen Bürgermeister

Die 67-jährige Brigitte S. war in der Stadt beliebt, sie betrieb einen Kosmetiksalon und engagierte sich in sozialen Projekten. Am 29. Dezember kam sie von einem Spaziergang mit ihrem Cockerspaniel nicht zurück. Ihr Mann meldete sie abends als vermisst. Am folgenden Tag wurde ihre Leiche neben der ihres Hundes im nahegelegenen Wald gefunden, sie war mit Zweigen bedeckt. Einige Tage später wurde sie anhand eines DNS-Abgleichs identifiziert. Wie Brigitte S. starb, ist nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt S., seine Frau "heimtückisch" ermordet zu haben. Das hieße, dass der Mörder die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst ausgenutzt hat.

"Das Geschehene übersteigt in seiner Grausamkeit das normale menschliche Vorstellungsvermögen", teilt der aktuelle Bürgermeister Frank Gerhard (SPD) auf der Internetseite der Stadt mit; weitere Erklärungen werde man bis zur Aufklärung des Delikts nicht abgeben. Gerhard ist der Nachfolger des Tatverdächtigen, Heinrich S. war von 1990 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2008 Bürgermeister von Ludwigsfelde.

18 Jahre Amtszeit: Ganz unzufrieden kann man mit ihm nicht gewesen sein, und zumindest hat S. den Aufschwung der Industriestadt nach der Wende nicht verhindert. Ein negatives Licht auf seine Amtszeit werfen indes Korruptionsermittlungen, die seit 2010 gegen ihn und andere Politiker im Landkreis laufen. S. soll während seiner Amtszeit von einem Investor zu teuren Essen und Mallorca-Reisen eingeladen worden sein. Bislang bestritt er die Vorwürfe.

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