Süddeutsche Zeitung

Bluttat bei "Batman"-Vorführung:Aurora-Amokläufer legte sich legales Waffenarsenal an

Er tötete zwölf Menschen in einem Kino - nun wurden vor Gericht bizarre Details über James Holmes bekannt: Er hortete nicht nur Waffen, sondern spielte beim Verhör mit Papiertüten, als ob sie Puppen wären. Bei der Anhörung in Aurora werden erstmals auch Aufzeichnungen panischer Notrufe aus der Tatnacht abgespielt.

Der mutmaßliche Amokläufer von Aurora, der in einem US-Kino zwölf Menschen erschoss, soll über Monate ein Waffenarsenal aufgebaut haben. Zudem habe der 25-jährige John Holmes sich vor der Bluttat im Juli vier Schusswaffen legal gekauft. Das erklärten Ermittler bei einer gerichtlichen Anhörung in Centennial im Bundesstaat Colorado.

Insgesamt habe James Holmes zwischen Mai und Juli des vergangenen Jahres vier Schusswaffen und fast 6300 Patronen erworben, erklärte ein Agent der US-Waffenkontrollbehörde ATF. Außerdem habe sich Holmes "explosive Chemikalien" besorgt.

Der 25-Jährige soll in der Nacht zum 20. Juli in die Premierenvorstellung des neuen "Batman"-Films im Kino von Aurora im US-Bundesstaat Colorado gestürmt sein und wahllos um sich gefeuert haben. Bei dem Amoklauf wurden zwölf Menschen getötet und Dutzende verletzt. Am Montag begann vor einem Gericht in Centennial nahe Denver eine mehrtägige Anhörung. Dabei wird geklärt, ob die Beweise für einen Prozess ausreichen und ob Holmes überhaupt zurechnungsfähig ist.

Waffenkauf in Geschäften und im Internet

Der ATF-Agent sagte, der mutmaßliche Todesschütze habe sich zwei Glock-22-Pistolen, ein halbautomatisches Gewehr vom Typ Smith & Wesson M&P15 und eine Pumpgun - eine Vorderschaftrepetierflinte - vom Typ Remington 870 zugelegt. Die Käufe habe Holmes sowohl im Internet als auch in Waffengeschäften getätigt. Holmes' Anwältin Tamara Brady fragte den Agent, ob es in Colorado eine rechtliche Möglichkeit gebe, den Verkauf solcher Waffen an eine "schwer psychisch kranke Person" zu verhindern. Der ATF-Agent verneinte dies.

Auch bizarre Details kamen bei der Anhörung zur Sprache: So soll der Schütze beim Verhör eine eigene Verwendung für die Papiertüten gehabt haben, die ihm um die Hände gezogen worden waren, um Spuren zu sichern.

Holmes begann während der Vernehmung demnach mit den Papiertüten zu spielen, als wären sie Puppen. Auch einen Plastikbecher bezog er in sein Spiel mit ein.

Nach dem Amoklauf von Aurora hatten die USA über ein schärferes Waffenrecht debattiert, die Diskussion darüber ebbte aber bald wieder ab. Das Massaker an einer Grundschule in Newtown, bei dem Mitte Dezember 20 Kinder getötet worden waren, katapultierte die Forderung nach strengeren Waffengesetzen dann wieder auf die politische Agenda. Derzeit prüft eine Arbeitsgruppe unter Führung von Vizepräsident Joe Biden Vorschläge für ein neues Waffenrecht.

Bei der Anhörung am Dienstag spielte die Staatsanwaltschaft auch panische Notrufe aus der Tatnacht vor. Der ersten Anruf erreichte die Polizei um 12.38 Uhr, 18 Minuten nach Beginn der Vorstellung. Dabei war die Stimme des Anrufers kaum zu verstehen; im Hintergrund war in weniger als 30 Sekunden 30 Mal das Geräusch von Schüssen zu hören. Insgesamt gingen nach Angaben der Staatsanwaltschaft binnen zehn Minuten 41 Notrufe aus dem Kino ein.

"Ich kann Sie nicht hören"

In einem Anruf bei der Polizei sagte ein 14-jähriges Mädchen, dass zwei ihrer Cousinen angeschossen worden seien und dass eine nicht mehr atme. "Wir müssen eine Herz-Lungen-Reanimation machen", wurde die Jugendliche von der Telefonzentrale aufgefordert. "Ich kann Sie nicht hören", antwortete das weinende Mädchen, als das Gespräch von dem chaotischen Lärm im Kinosaal überlagert wurde.

Ein Bombenexperte der Bundespolizei FBI sagte aus, dass Holmes den Ermittlern nach der Festnahme mitgeteilt habe, dass er sein Apartment mit Sprengfallen versehen habe. Unter anderem seien in der Wohnung drei Behältnisse mit selbst hergestelltem Napalm, elf Benzinflaschen und andere Chemikalien gefunden worden, erklärte Garrett Gumbinner. Die Wohnungstür sei verdrahtet gewesen, um die Sprengfallen zu zünden.

Außerdem soll Holmes drei Fernzünder in der Nähe des Apartments platziert haben, in der Hoffnung, dass Passanten sie auslösen. Gumbinner berichtete etwa von einem ferngesteuerten Spielzeugauto, das der Angeklagte in der Nähe eines Müllcontainers abgelegt habe. Die Fernsteuerung hätte die Sprengfallen in der Wohnung gezündet.

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