Birma:Bis zu 10.000 Tote befürchtet

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Erst langsam wird deutlich, welche Dramen sich bei dem Wirbelsturm Nargis abgespielt haben müssen: Bis zu 10.000 Menschen könnten ums Leben gekommen sein. Angesichts der Katastrophe sagte die Militärregierung zu, ausländische Hilfe in das abgeschottete Land zu lassen.

Zwei Tage nach dem Wirbelsturm wird das Ausmaß der Katastrophe deutlich: Nach dem verheerenden Zyklon "Nagris" in Birma werden mehr als 10 000 Todesopfer befürchtet. Birmas Außenminister Nyan Win nannte diese Zahl am Montag bei einem Treffen mit Diplomaten in Rangun. Offiziell wird bisher von fast 4000 Toten gesprochen. Die Regierung habe grünes Licht für Hilfe aus dem Ausland gegeben. Ganze Ortschaften in dem mächtigen Delta des Irrawaddy sollen nach Informationen der Internationalen Rotkreuz-Föderation zerstört sein. Genaueres war auch zwei Tage nach der Katastrophe nicht zu erfahren, da die Helfer die entlegenen Gebiete laut Meldungen des staatlichen Fernsehsenders MRTV noch nicht erreichen konnten.

Der Zyklon "Nargis" hinterließ in Birma eine Spur der Verwüstung - und Tausende Tote. (Foto: Foto: dpa)

Der Zyklon Nargis hat nach offiziellen Angaben fast 4000 Menschen in den Tod gerissen. Das staatliche Fernsehen berichtete am Montag, in den vom Wirbelsturm verwüsteten Regionen Rangun und Irrawaddy seien 3934 Menschen ums Leben gekommen. 41 Personen seien verletzt worden, 2879 würden vermisst. Internationalen Hilfsorganisationen zufolge sind in dem vom Militär regierten südostasiatischen Land Hunderttausende Menschen obdachlos und ohne Trinkwasser.

Der Wirbelsturm war am Samstag über das bitterarme südostasiatische Land hinweggerast. In der Millionenstadt Rangun brach die Versorgung mit Strom und Trinkwasser zusammen, Telefon- und Internetleitungen waren defekt. Umgestürzte Bäume blockierten zahlreiche Straßen.

Angesichts der Katastrophe sagte die Militärregierung zu, ausländische Hilfe in das abgeschottete Land zu lassen. Das vom Westen isolierte Militärregime bat das Ausland zunächst nicht um Hilfe. Die Opfer des Wirbelsturms benötigten dringend Unterkünfte und Trinkwasser, sagte indes ein UN-Vertreter in Bangkok. Hilfsorganisationen bemühten sich, die Betroffenen mit Plastikplanen, Wasser und Kochutensilien zu versorgen.

Richard Horsey von der UN-Vertretung in Bangkok sprach nach Beratungen über Soforthilfen für Birma von einer "großen Katastrophe". Das Rote Kreuz in Südostasien verteilte Tabletten zur Wasserreinigung sowie Kleidung, Plastikfolien und Hygieneartikel. Nach Angaben der Vereinten Nationen behindern Reisebeschränkungen für ausländische Helfer die Versorgung der Sturmopfer mit lebensnotwendigen Gütern. "Wir werden Gespräche mit der Regierung führen, um Zugang zu den Betroffenen zu bekommen", sagte Terje Skavdal vom regionalen UN-Büro für die Koordination humanitärer Angelegenheiten.

Die Militärregierung deutete an, sie wolle trotz des verheerenden Unwetters an dem für Samstag geplanten Verfassungsreferendum festhalten. "Es sind nur noch ein paar Tage bis zum Referendum, und die Leute wollen unbedingt ihre Stimme abgeben", berichtete die staatliche Zeitung Myanma Ahlin am Montag. Oppositionelle Gruppen und internationale Kritiker werfen der Militärjunta vor, mit der Verfassung lediglich ihre Macht festigen zu wollen.

Ältere Einwohner gaben an, sie hätten die ehemalige Hauptstadt Rangun mit ihren 6,5 Millionen Einwohnern noch nie so verwüstet gesehen. Verzweifelte Menschen standen für Trinkwasser und Kerzen an, deren Preis sich verdoppelt hat. Mit Äxten und Messern versuchten sie, umgestürzte Bäume wegzuräumen. Auch die Benzinpreise schossen in die Höhe, sodass Generatoren nur sparsam eingesetzt wurden.

"Ohne mein tägliches Einkommen ist das Überleben für uns zu einem großen Problem geworden", sagte Tin Hla, der normalerweise Schirme repariert. Seine Hütte wurde von Nargis zerstört. Er brachte seine Familie in einem der Klöster unter, die Obdachlose aufnahmen.

Kritik wurde aus dem Ausland am Militärregime laut, das offenbar nur schleppend mit der Unterstützung für die vom Wirbelsturm betroffenen Menschen vorankam. "Wo sind all die Uniformierten, die sonst in den Straßen immer bereit sind, Menschen zu schlagen?" fragte ein Rikscha-Fahrer. Von einigen Märkten wurden Plünderungen gemeldet. Der internationale Flughafen von Rangun wurde nach Angaben von Fluggesellschaften wieder geöffnet.

Das Außenministerium rief Botschafter zu einem Treffen zusammen. Aus Diplomatenkreisen verlautete, man erwarte, dass die Militärregierung das Ausland um Hilfe bitten werde. Das benachbarte Thailand kündigte an, eine Flugzeugladung Hilfsgüter auf den Weg zu bringen. Die Militärregierung in Birma habe um Nahrungsmittel, medizinische Güter und Baumaterial gebeten, sagte ein Regierungssprecher in Bangkok.

Der Malteser Hilfsdienst stellte zunächst 10.000 Euro für Sofortmaßnahmen zur Verfügung, wie die Organisation in Köln erklärte. Die tatsächliche Hilfe hänge jedoch davon ab, zu welchen Regionen die internationalen Hilfsorganisationen Zugang erhielten.

Dörfer vollständig zerstört

Der Zyklon richtete schwere Verwüstungen an. Tausende Häuser wurden zerstört. Fünf Regionen wurden zu Katastrophengebieten erklärt, wie der vom Militär betriebene Fernsehsender Myaddy am Sonntag berichtete. Besonders betroffen war das Irrawaddy-Delta. Dort machte Nargis nach Angaben des UN-Koordinators Chris Kaye mehrere Dörfer dem Erdboden gleich. Die 3000 Vermissten wurden dem Radiobericht vom Montag zufolge allein aus einer einzigen Ortschaft im Irrawaddy-Delta gemeldet.

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