Süddeutsche Zeitung

Bewaffneter im Schnellzug:Hollande ehrt "Helden des Thalys"

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"Die Franzosen bewundern Ihren Mut, die Kaltblütigkeit, die Sie unter Beweis gestellt haben, die Solidarität, die Ihnen erlaubt hat, mit bloßen Händen - ich betone: mit bloßen Händen - einen Schwerbewaffneten zu überwältigen, der zu allem bereit war." Mit diesen Worten hat der französische Präsident vier Männer geehrt, die sich am Freitagabend in einem "Thalys"-Schnellzug einem Bewaffneten in den Weg gestellt hatten.

Die Männer hätten durch ihren mutigen Einsatz ein "Blutbad" verhindert und dabei ihr Leben riskiert, sagte François Hollande beim Empfang im Elysée-Palast. Außerdem hätten sie gezeigt, dass man die Kraft haben könne, sich dem Terror zu widersetzen. Für ihre Heldenhaftigkeit wurde den Männern eine besondere Ehre zuteil: Hollande ließ sie in die französische Ehrenlegion aufnehmen.

Beim Eingreifen schwer verletzt

Bei den Männern handelt es sich um die beiden US-Soldaten Spencer Stone und Alek Skarlatos, den amerikanischen Studenten Anthony Sadler und den Briten Chris Norman. Als ein junger Marokkaner mit einem Sturmgewehr in ihren Waggon kam, stürzten sie sich auf ihn und rangen ihn nieder. Der 23-jährige Stone wurde von ihm mit einem Messer am Hals verletzt. Skarlatos und Sadler und dem etwas später herbeigeeilten Norman gelang es schließlich, den Angreifer zu überwältigen. Ein weiterer Passagier wurde bei dem Angriff schwer verletzt.

Der verletzte Passagier und ein Franzose sollen zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Orden ausgezeichnet werden. Der Franzose hatte sich dem Angreifer als Erster in den Weg gestellt und will anonym bleiben.

Anwältin des Angreifers spricht von versuchtem Raub

Der Angreifer, ein 26-jähriger Marokkaner, war bewaffnet mit einer Pistole, einer Kalaschnikow und einem Messer in den Zug eingedrungen. Französischen und spanischen Behörden zufolge ist er als islamistischer Extremist bekannt. Er wird derzeit von der Antiterrorpolizei verhört. Seine Anwältin hingegen behauptet, er sei ein Obdachloser, der Passagiere im Zug hätte ausrauben wollen. Von terroristischen Motiven könne keine Rede sein. Der Mann selbst erklärte nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP, er habe seine Kalaschnikow in einem Park gefunden.

Unter Hochdruck versuchen die Geheimdienste jetzt, Werdegang und Motive des jungen Mannes aufzudecken. Erste Erkenntnisse deuten auf einen Kleinkriminellen hin, der sich in den Bann des radikalen Islamismus ziehen ließ - wie es schon bein mehreren islamistischen Attentätern in Frankreich und anderen europäischen Ländern der Fall war. Frankreichs Staatschef François Hollande bezeichnet ihn gar als "Terroristen".

Den spanischen Behörden zufolge reiste der Mann einmal von Frankreich aus nach Syrien, was der Marokkaner aber bestreitet. Die französischen Geheimdienste berichten, dass er am 10. Mai in Berlin gemeldet war, von wo aus er in die Türkei flog, der Nachbarstaat von Syrien. Der fehlgeschlagene Angriff lässt allerdings Zweifel daran aufkommen, dass der Mann eine paramilitärische Ausbildung hatte.

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