Bettina Wulffs Interview-Offensive:"PR-Kaspereien" mit Tränen und Paartherapie

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Sie habe viel geweint, sagt Bettina Wulff. Ihr Mann und sie seien in therapeutischer Behandlung, sagt Bettina Wulff. Sie habe sich in ihre Rolle gedrängt gefühlt, sagt Bettina Wulff. Pünktlich zum Erscheinungstag ihres Buches gibt die Frau des Ex-Bundespräsidenten ein Interview nach dem anderen. Fast zu viele für reine Selbstverteidigung.

Klar, vielleicht sollten wir alle kurz innehalten und uns fragen, ob wir nicht auch das Bedürfnis hätten, die Sache zurechtzurücken, wenn bei Google in Verbindung mit unseren Namen solche Schlagwörter auftauchten wie sie es bei Bettina Wulff tun. "Prostituierte", "Escort", "Gerüchte". Wir würden womöglich auch ein Buch schreiben und vielleicht noch ein Interview geben, in dem wir endlich mal so richtig unser Herz ausschütten würden. Aber eine ganze Handvoll Interviews? An mehreren Tagen hintereinander? Da drängt sich nun doch der Verdacht auf, dass da mehr dahinter stecken könnte als Selbstverteidigung und Traumabewältigung. Nämlich "PR-Kaspereien", wie es der Medienwissenschaftler Klaus Kocks formuliert.

Bettina und Christian Wulff
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Traumpaar, Rücktritt, Trennung - und jetzt doch keine Scheidung. Bettina und Christian Wulff sind wieder zusammen. Rückblick auf Höhen und Tiefen einer öffentlichen Beziehung.

Was Bettina Wulff in den Gesprächen mit Brigitte, Bunte, Gala und Stern von sich und ihrer Ehe preisgibt, ist sehr persönlich, Gold für jedes Personality-Interview.

[] In der Brigitte ließ sie die erste Bombe platzen: Christian und sie befänden sich in therapeutischer Behandlung, sagte sie dem Blatt. Ihr Mann habe sie als Bundespräsident ein großes Stück in ihre Rolle gedrängt. "So etwas kann eine Beziehung nur eine bestimmte Zeit lang durchleben und ertragen, sonst wird zu viel in Mitleidenschaft gezogen." Bei Wulffs Rücktrittsrede habe sie sich dann auch bewusst von ihm entfernt, um ihre Eigenständigkeit zu betonen.

[] In der Bunten offenbarte sie ihre emotionale Verfassung: "Obwohl ich eine starke Frau bin, habe ich viel geweint. Ich bekam Magenschmerzen, hatte oft das Gefühl, mich übergeben zu müssen, schlief schlecht", sagte sie.

[] In Gala der Klassiker, ein Satz wie er in vielen Interviews fallen könnte: "Ich möchte wieder in die Öffentlichkeit gehen können, wenn ich es will." Sie sehne sich nach einem normalen Leben, sagte Wulff.

[] Im Stern folgt der Befreiungsschlag gegen das Korsett in Bellevue: Früher, schon während Wulffs Amtszeit als Präsident, auf die Gerüchte zu reagieren sei "ein Ding der Unmöglichkeit" gewesen. "Das hätte die Aufmerksamkeit in eine absolut falsche Richtung gelenkt, nämlich auf meine Person. Und das hätte auch diesem anonymen Rufmord viel zu viel Aufmerksamkeit beschert."

Das unübersehbar Paradoxe daran ist, dass die 39-jährige Buchautorin letzteres nun selbst übernommen hat. Klaus Kocks, Professor für Kommunikationsmanagement an der Hochschule Osnabrück, wirft ihr vor, mit ihren Interviews PR für ihre am Dienstag erschienene Autobiographie "Jenseits des Protokolls" zu betreiben. Wulff sei "Opfer eines wirklich infamen Rufmordes, an dem sie sich nun auch noch zur Mittäterin macht", sagte Kocks. "Zur großen Tragik ihrer Verteidigungsversuche gehört, dass sie das Problem durch PR-Possen radikal verschärft statt es zu mildern oder gar zu lösen. Das versucht sie erst gar nicht.

Kocks, der dafür bekannt ist, zu polarisieren, ist mit dieser Meinung nicht allein: Auch Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister hält Wulffs Vorgehen für "orchestriert". "Solche Zufälle gibt es gar nicht", sagte er im Deutschlandradio mit Blick auf die zeitliche Abfolge von Bettina Wulffs Klagen gegen den Internetkonzern Google und TV-Moderator Günther Jauch und das Veröffentlichungsdatum ihres Buches.

Focus Online hat derweil schon neues Klagepotenzial ausgemacht: Auch der Online-Buchhändler Amazon bietet zu seinen Produkten automatische Schlagwörter an - generiert durch die eigenen Kunden. Im Fall von Wulffs Buch-Debut lauten diese unter anderem "schamlos", "maßlos" oder "ich sage nein zu diesem Buch".

© Süddeutsche.de/Holger Vieth, dpa/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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