Berliner Zoo:Knut killt Karpfen

Die Urinstinkte schlagen durch: Eisbär Knut hat im Berliner Zoo zehn Karpfen getötet. Besucher beschwerten sich über die Szenerie.

Der Streit um angebliche Missstände in den Berliner Zoos geht weiter. Biologe Heiner Klös vom Zoologischen Garten bestätigte am Sonntag einen Bericht der Berliner Morgenpost, dass Eisbär Knut zehn lebend im Wassergraben seines Geheges ausgesetzte Karpfen getötet hat.

Berliner Zoo: Schwimmender Jäger: Eisbär Knut

Schwimmender Jäger: Eisbär Knut

(Foto: Foto: dpa)

Klös sagte, er habe die Aussetzung lebender Tiere im Knut-Wassergraben sofort gestoppt. Tierpfleger hatten den Angaben zufolge die Karpfen nicht zur Eisbär-Fütterung, sondern als sogenannte "Putzkolonne" im Becken ausgesetzt. Besucher beschwerten sich über die Szenerie. Knut ging seiner Natur nach, fischte sich die Karpfen raus und tötete sie im Spiel. Dann ließ er die Kadaver liegen.

Nach dem Tierschutzgesetz dürfen Fische als Wirbeltiere nicht lebend verfüttert werden.

"Artgerechter Genickbruch"

Der Vorfall verschärft noch einmal die andauernde Debatte um den Berliner Zoo. Im Konflikt um die eigenhändige Tötung von vier verwilderten Kätzchen im Tierpark Friedrichsfelde im Jahr 1992 durch Direktor Bernhard Blaszkiewitz wurde am Sonntag ein Protest-Schreiben des damaligen Betriebsrats bekannt.

Demnach soll der Tierparkdirektor eine Anweisung zum Erschlagen von Katzen gegeben haben. In dem Brief des Betriebsrates an Blaszkiewitz heißt es: "Wir finden es empörend, dass auf Ihre Anweisung hin junge Katzen erschlagen werden und die anwesenden Assistenten zusehen."

Über seinen Sprecher Detlef Untermann ließ Blaszkiewitz verbreiten, er bleibe bei seiner von ihm öffentlich gemachten Darstellung, er habe die Katzen durch "artgerechten Genickbruch" getötet. In Interviews hatte Blaszkiewitz die damalige Maßnahme mit der Gefahr von Krankheitsübertragungen durch die Katzen begründet.

Die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling bewertete am Sonntag den Brief des Betriebsrats in einer Mitteilung äußerst kritisch. Der Protest der Belegschaftsvertretung habe sich "gegen die Aufforderung zu einer Straftat" gerichtet. Die acht Unterzeichner würden ausdrücklich "das Erschlagen von Katzen und nicht den von Blaszkiewitz behaupteten artgerechten Genickbruch" kritisieren.

In dem Schreiben wird auch wiederholt deutlich, dass das Verhältnis zwischen dem damaligen Tierpark-Chef und dem Betriebsrat wegen der Vorfälle über lange Zeit äußerst angespannt war. Blaszkiewitz war zuvor im Westen im Zoo von Frankfurt/Main und im Zoologischen Garten Berlin beschäftigt. Die Mitarbeiter-Vertreter des Tierparks im Ostteil Berlins hielten Blaszkiewitz vor, er habe einen nicht akzeptablen Umgangston gepflegt.

So seien Zitate gegenüber Mitarbeitern gefallen wie "Sie halten jetzt den Rand" und "Wenn Sie dusslig genug sind, können Sie zum Arbeitsgericht gehen". Laut Betriebsrat soll Blaszkiewitz außerdem gesagt haben, er werde im Tierpark "alles kommunistische Überbleibsel noch ausmerzen".

Zoo-Sprecher Untermann sagte, Blaszkiewitz wolle die ihm unterstellten Zitate "so nicht bestätigen". Er räumte ein, dass es "angespannte Zeiten gab, in denen das Verhältnis nicht gut war". Blaszkiewitz habe sich aber persönlich stets für den Erhalt des in den 90er Jahren von der Schließung bedrohten Tierparks eingesetzt.

Reizarme Bedingungen des Zoolebens

Die Abgeordnete Hämmerling sprach mit Bezug auf die schriftliche Unterlage von einem "despotischen und erniedrigenden Umgang mit Mitarbeitern und der Personalvertretung durch den Tierparkchef". Die Mitarbeiter seien dadurch permanent eingeschüchtert worden.

Mit Bezug auf Knut und seinen Artgenossen Flocke im Nürnberger Zoo hat die Tierschutzstiftung "Vier Pfoten" erneut die Haltung und Zucht von Eisbären in deutschen Zoos kritisiert. Die Vermehrung der Tiere und die drastische Vermarktung der Jungen trage weder zum Schutz der Art noch ihrer bedrohten Lebensräume bei, sagte Wildtierexperte Thomas Pietsch.

Auch Publikumsliebling Flocke werde unter den reizarmen und beengten Bedingungen im Zoo leiden. Eisbären seien als hoch spezialisierte Jäger perfekt an das arktische Klima angepasst. Sie leben laut Pietsch dort in riesigen Streifgebieten. "Diese Bedingungen können in Gefangenschaft nicht annähernd nachgebildet werden", erklärte der Experte in einer Mitteilung.

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