Berlin:Völlig verstrahlt

In Berlin wurden Falschspieler verhaftet, die Karten mit radioaktivem Material präpariert haben.

Von Verena Mayer

Eine dubiose Bar, gezinkte Spielkarten und eine radioaktive Substanz - das ist der Stoff, aus dem Agentenfilme sind. In der Hauptstadt gehört all dies jedoch zu einem realen Kriminalfall. Er ist angesiedelt im illegalen Glücksspielmilieu und handelt von der Frage, wozu Kartenspieler fähig sind.

Alles begann vor einem Jahr in einer Müllverbrennungsanlage in Rüdersdorf bei Berlin. Dort wurde eine radioaktive Belastung festgestellt, die Spur führte zu einem Müllauto mit Abfall aus Berlin-Lichtenberg. Darin 13 ausgestanzte Kreise aus Skat-Karten, die mit Jod 125 präpariert waren, wie es in der Strahlenmedizin verwendet wird. Die These der Ermittler: Die Spielkarten lagen in einem Stapel verdeckt auf dem Tisch. Wie beim Roulette musste auf eine Farbe getippt werden, wobei ein Spieler einen Detektor am Leib trug, der dann bei der radioaktiv gezinkten Karte anschlug. Mehr weiß die Polizei noch nicht, auch die Rolle einer 41-jährigen Betreiberin einer Bar, in der mit den verseuchten Spielkarten gezockt worden sein soll, ist noch unklar. Gegen die Frau wird ermittelt, die radioaktiv belasteten Räume wurden von den Strahlenschutz-Behörden gereinigt. Die Berliner Lokalzeitung B. Z. spricht von "Atom-Poker".

Gibt es solche Tricks öfter? Frage an Günter Münstermann, er ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes deutscher Spielbanken und Geschäftsführer der Spielbank Berlin; er hat viel gesehen in seinem Leben. Mechanische Spielautomaten, die mit Fäden manipuliert wurden, Pokerspieler, hinter denen sich jemand aufstellte, um das Blatt mit Zeichen an den Gegner zu verraten. Generell sei es aber schwer, im Casino zu betrügen, sagt Münstermann. Nur der Croupier komme an die Kartenstapel heran, bei Black Jack dürfen die Spieler die ausgeteilten Karten nicht einmal berühren. Dazu seien Detektive unterwegs, in den Casinos gebe es Videoüberwachung, und die Ergebnisse der Kartenspiele würden mit dem Computer ausgewertet. Sind am Ende keine oder seltsame Schwankungen festzustellen, sei etwas foul. Münstermann weiß von einem Fall mit gezinkten Karten: Da wurden Spielkarten mit einer Substanz präpariert, die nur mit einer Infrarotbrille zu erkennen war, "da muss aber ein Mitarbeiter mitgemacht haben". Bekannt ist auch die so genannte "Poussette"-Masche beim Roulette: Trickbetrüger lenken den Croupier in dem Moment, in dem die Kugel auf ihre Zahl rollt, ab und setzen schnell einen Betrag auf die nun bekannte Zahl.

Das Technologie-Magazin Wired recherchierte wiederum, dass Russland seit einigen Jahren ein Experimentierfeld für Casino-Betrügereien aller Art sei. Die Methoden bestehen demnach darin, die Programme von elektronischen Automaten zu hacken oder die Automaten in den Spielhallen so lange zu beobachten oder mit dem Smartphone zu filmen, bis sich daraus ein Gewinnschema ablesen und gewinnbringend vorhersagen lässt.

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