Berlin:Unbekannter Jogger nach vier Monaten identifiziert

Türschlüsseltest wegen unbekannten Jogger

Die Polizei veröffentlichte Fotos der Hausschlüssel des Mannes, in der Hoffnung, dass sie jemand wiedererkennt.

(Foto: Kristin Bethge/dpa)
  • Vor vier Monaten ist ein Jogger im Volkspark Wilmersdorf in Berlin zusammengebrochen, er liegt seitdem im Koma.
  • Weil niemand den Mann als vermisst meldet, startet die Polizei eine aufwendige Suchaktion.
  • Unter anderem veröffentlicht sie Fotos der Hausschlüssel des Mannes. Die hat nun jemand wiedererkannt.

Am 13. März joggt ein Mann durch den Volkspark Wilmersdorf in Berlin, bricht plötzlich zusammen und schlägt mit den Kopf auf einen Stein auf. Passanten finden ihn und rufen einen Krankenwagen. Seitdem liegt der Mann im Koma. Vier Monate lang weiß niemand, wer er ist, weil niemand nach ihm fragt. Der Mann trägt keinen Ausweis bei sich, nur ein paar Euro, etwas Traubenzucker und seine Hausschlüssel. Dank ihnen konnte der Mann nun identifiziert werden. Es handelt sich um 74-jährigen Alleinstehenden, der etwa einen Kilometer vom Park entfernt wohnt.

Um seine Identität herauszufinden, hat die Polizei eine aufwendige Suche gestartet. Sie veröffentlichte Fotos des Mannes, hängte Suchaufrufe auf, verglich seine Fingerabdrücke und DNA mit denen in Datenbanken und befragte Anwohner in der Umgebung des Parks. Da der Mann Diabetes hat, kontaktierten die Beamten Krankenhäuser und Ärzte, bei denen er in Behandlung hätte sein können. Weil der Mann joggen war, fragten sie bei den Veranstaltern des Berliner Halbmarathons im Frühjahr nach, ob der Mann dort teilgenommen hatte.

Doch niemand meldete sich, niemand erkannte den Mann wieder, keine Verwandten, keine Freunde, keine Nachbarn. Auch Fotos der Schlüssel machte die Polizei öffentlich. Wenn niemand den Mann wiedererkennt, dann vielleicht wenigstens die Schlüssel. Doch auch dieser Versuch blieb zunächst erfolglos.

Schließlich machten sich Polizeischüler mit Kopien der Originalschlüssel auf die Suche. Zehn Stunde lang testeten sie damit Wohnungen rund um den Park, in der Hoffnung, dass irgendwo der Schlüssel passt. Auf Listen hakten sie jede Haustür nacheinander ab. Doch wieder: kein Erfolg. "So etwas gab es in Berlin noch nicht. Das ist auch für unsere Vermisstenstelle eine ganz neue Situation", sagte eine Polizeisprecherin damals. Es sei das erste Mal, dass es nicht den kleinsten Hinweis auf einen Menschen gebe. Und keine Vermisstenanzeige.

Nun, vier Monate später, hat sich doch noch ein Nachbar gemeldet, der den Schlüssel wiedererkannt hat. Die beiden Männer leben der Polizei zufolge im gleichen Mehrfamilienhaus, das jedoch bei der Suchaktion noch nicht geprüft wurde. Offenbar hat der Jogger sehr zurückgezogen gelebt, sagte eine Polizeisprecherin der SZ. Demnach liegt er weiterhin im Wachkoma, ob er wieder gesund wird, ist unklar. Ihm wurde eine amtliche Betreuerin zur Seite gestellt. Verwandte hätten sich bis heute nicht gemeldet.

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