Prozess in Berlin:Lange Haftstrafe für den Mann, der einen 13-jährigen Flüchtling erstach

Tatort Monbijoupark Deutschland, Berlin, 03.11.2020, Blumen und Kerzen an der Stelle, wo der 13-jährigen Mohammed A. erm

Blumen und Kerzen stehen an der Stelle, wo der 13-jährige Momo starb. Nun wurde der Täter verurteilt.

(Foto: Rolf Zöllner via www.imago-images.de/imago images/Rolf Zöllner)

Weil der Junge bei einer Begegnung im Park unachtsam war, zog er sein Messer. Nun wurde der 41-Jährige wegen Totschlags verurteilt.

Von Verena Mayer, Berlin

Sie waren sieben Jugendliche, die loszogen, um einen milden Abend im Oktober 2020 draußen zu verbringen. Sie holten sich Getränke im Supermarkt und gingen in den Berliner Monbijoupark, weil man dort so gut am Wasser sitzen kann. Kurz nachdem sie in die Unterführung zum Park eingebogen waren, war einer der Jugendlichen tot und ein weiterer schwer verletzt. Mohammed, genannt Momo, wurde 13 Jahre alt, ein 22-Jähriger überlebte nur durch eine Notoperation.

Am Donnerstag wurde nun ein 41-Jähriger vor dem Berliner Landgericht wegen Totschlags und Körperverletzung zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er hatte den 13-Jährigen mit einem Messer ins Herz gestochen und seinen älteren Begleiter, der sich nach der Tat auf ihn stürzen wollte, ebenfalls attackiert.

Der Prozess zeigte, wie eine absolut banale Alltagssituation eskalieren und in einer vermeidbaren Tragödie enden kann. Der 41-Jährige, ein gelernter Fleischer aus Berlin, verbrachte eigentlich mit einer jungen Frau ein Date, als ihm die Jugendlichen auf dem Weg in den Park entgegenliefen. Weil der 13-Jährige auf sein Handy guckte, hätte er die junge Frau beinahe angerempelt. Das habe er respektlos gefunden, sagte der Mann im Prozess aus, und den Jungen zur Rede stellen wollen. Weil der ihn "aggressiv anguckte" und angeblich auf Arabisch beschimpfte, zog er das Messer, das er immer bei sich hatte.

Nebenklage spricht von niedrigen Beweggründen, Täter von Notwehr

Der Fall warf aber auch ein Schlaglicht auf die Situation jugendlicher Flüchtlinge in Berlin. Momo war 2015 mit seiner Mutter aus Syrien geflohen, der Rest der Familie durfte erst Jahre später nachkommen. Er ging in Berlin zur Schule, hatte gute Noten und wurde von Hilfseinrichtungen und vom Jugendamt unterstützt. Er hatte Freunde und eine Perspektive in Deutschland - bis er im Park einen Moment lang unaufmerksam war.

Seine Eltern, die an jedem Verhandlungstag bei Gericht waren, sagten, Momo habe auf der Flucht tagelang über Berge laufen und in einem Schlauchboot fahren müssen, das mit Wasser volllief. Sie habe ihr Kind nach Deutschland gebracht, damit es in Sicherheit ist, "und hier wird es getötet", sagte die Mutter.

Die Vertreterin der Nebenklage hatte eine Verurteilung wegen Mordes gefordert. Der Täter habe aus niedrigen Beweggründen gehandelt, er habe nach der Tat zu seiner Begleiterin gesagt, "die arabischen Hurensöhne" seien an den Falschen geraten. Dies sei ein rassistisches Motiv. Der 41-Jährige berief sich hingegen auf Notwehr. Er sei schwer herzkrank und habe sich durch die Jugendlichen bedroht gefühlt.

Zur SZ-Startseite
Berlin: Kerzen und Blumen am Tatort nach einem Mord im Monbijoupark

Prozess in Berlin
:Tödliche Begegnung

Momo ist mit seinen Freunden unterwegs, da eskaliert eine banale Alltagssituation, der 13-Jährige stirbt. Im Prozess vor dem Berliner Landgericht geht es nicht nur um eine vermeidbare Tragödie, sondern auch um die Lebenssituation jugendlicher Geflüchteter.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: