Berlin-Kreuzberg:Gewalttäter will sich an nichts erinnern können

Lesezeit: 1 min

Der "Amokläufer vom Wrangelkiez" steht vor Gericht - doch kann sich angeblich an keine seiner Taten erinnern. (Foto: dpa)

Er wird "Amokläufer vom Wrangelkiez" genannt, nun steht er vor Gericht: Wochenlang hat ein Mann seinen Kiez in Berlin-Kreuzberg tyrannisiert - doch er sagt, er könne sich daran nicht erinnern.

Ein halbes Jahr nach einer Serie von Angriffen und Belästigungen in Berlin-Kreuzberg hat sich der 33-jährige mutmaßliche Täter vor dem Landgericht darauf berufen, er könne sich nicht mehr erinnern. Es seien Drogen und Alkohol im Spiel gewesen, sagte sein Verteidiger am Mittwoch. Sein Mandant habe keine Erinnerung mehr an die Ereignisse. Weitere Angaben machte der Angeklagte nicht.

In der Öffentlichkeit wurde der Mann als "Amokläufer vom Wrangelkiez" bezeichnet. Er terrorisiere die Gegend rund um die Wrangelstraße, hieß es. Wochenlang soll er Passanten, Lokalgäste und Helfer seiner Opfer geschlagen und bedroht haben.

Die Serie der Angriffe begann im Juni 2013. Der vielfach vorbestrafte Mann habe bei der ersten Tat in einem Café mit der Faust auf eine Frau eingeschlagen. Anschließend habe er mit Stühlen in Richtung der Gäste geworfen. Bei den Übergriffen bis Ende Juli seien zwei Frauen mit einem Gürtelsch traktiert worden. Zwei Männer, die einer Frau helfen wollten, wurden durch Stiche verletzt. Insgesamt acht Frauen listete die Anklage als Opfer auf, die der Mann geschlagen oder bedroht habe.

"Es kam wie aus dem Nichts"

Mit einer Abiturientin begannen die Richter die Befragung von Zeugen. Die 19 Jahre alte Schülerin saß mit Freunden auf einer Bank vor einem Imbiss, als sie plötzlich einen Schlag gegen den Kopf verspürte und zu Boden ging. "Es kam wie aus dem Nichts, wir waren fassungslos, wir kannten den Mann nicht, wir saßen ganz ruhig da und aßen", schilderte sie. Der Angeklagte soll sie mit einer Gürtelschnalle geschlagen haben. Sie erlitt eine stark blutende Platzwunde hinter dem Ohr. Zwei ihrer Begleiter, die den Angreifer festhalten wollten, wurden durch Stiche verletzt.

Der Angeklagte ist seit seiner Jugend als Gewalttäter aufgefallen. Bereits als 16-Jähriger wurde er zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. In den letzten Jahren erhielt er wegen Bedrohung und Beleidigung Geldstrafen. Als die Angriffsserie im Sommer begann, hatten sich Anwohner des Wrangelkiezes über den Umgang mit dem mutmaßlichen Täter beschwert, weil er trotz vieler Vorfälle zunächst in Freiheit geblieben war. Im August wurde er verhaftet. Derzeit befindet er sich in der Gerichtspsychiatrie. Mit einem Urteil wird nicht vor Anfang März gerechnet.

© Süddeutsche.de/dpa/dato/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: