Berlin II:Drama am Bahnsteig

Ein Mann hat mit Anlauf eine Frau vor eine U-Bahn gestoßen. Den Behörden ist er kein Unbekannter.

Ein 28 Jahre alter Mann hat in Berlin mit Anlauf eine Frau vor eine heranfahrende U-Bahn gestoßen. Die 20-Jährige wurde am Dienstag gegen 23.40 Uhr auf dem U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz im Stadtteil Charlottenburg von dem Zug überrollt und getötet. Das teilte die Polizei am Mittwoch mit. Zeugen hielten den Mann fest und übergaben ihn den Beamten. Am Abend wurde entschieden, dass der Mann in einer psychiatrischen Klinik unterkommt. Einem Gutachten zufolge gebe es Anhaltspunkte für eine erheblich geminderte bis aufgehobene Schuldfähigkeit, hieß es bei der Behörde.

Zu der Attacke ist es laut Staatsanwaltschaft gekommen, als sich der in Hamburg geborene und aufgewachsene Iraner für etwa zwei Stunden in Berlin aufgehalten habe. Er habe dort vergeblich versucht, in einer Obdachlosenunterkunft unterzukommen. Auf dem Weg in eine andere Unterkunft sei es zu der Tat gekommen. Sein Opfer wählte der Mann offenbar spontan aus. Die Polizei ging nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass sich die 20-Jährige und der mutmaßliche Täter nicht kannten.

Laut Staatsanwaltschaft ist der Mann kein unbeschriebenes Blatt: Eine "erhebliche Gewalttat" liege etwa 15 Jahre zurück. Zudem habe es in Hamburg auch in jüngerer Zeit mehrere Verfahren gegen ihn gegeben. Der Mann habe unter Betreuung gestanden. Einzelheiten zu den bisherigen Delikten nannten die Ermittler bislang nicht. Unklar ist zudem, ob der 28-Jährige zum Tatzeitpunkt unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand und ob der Vorfall auf Videoaufzeichnungen aus dem Bahnhof zu sehen ist. Die U-Bahn-Fahrerin hatte laut den Berliner Verkehrsbetrieben keine Möglichkeit, das Unglück zu verhindern.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) kritisierte die norddeutschen Justizbehörden: "Es muss die Frage gestellt werden, warum dieser Mann mit seiner Vorgeschichte nicht frühzeitiger gestoppt wurde." Weiter sagte er: "In meinem Amt ist man immer wieder mit unfassbaren Gewalttaten konfrontiert. Aber dieses Verbrechen sticht in seinem Wahnsinn noch einmal heraus."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: