SZ-Kolumne "Bester Dinge":Gesucht: Hauptmann von Köpenick (m/w/d)

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(Foto: Jürgen Ritter/Imago)

Der Tourismusverein Treptow-Köpenick hat die Rolle des uniformierten Gauners neu ausgeschrieben und legt dabei nicht nur Wert auf schauspielerisches Talent.

Von Martin Zips

Der Tourismusverein Treptow-Köpenick sucht einen "Hauptmann von Köpenick (m/w/d)". Es handelt sich um einen Minijob, auf den man sich noch bis 20. Mai bewerben kann. Der Tourismusverein erwartet "schauspielerisches Talent und Offenheit". Man lege "besonderen Wert auf einen sensiblen Umgang mit gesellschaftlicher Diversität", heißt es in der Stellenausschreibung.

Nun, das wird schwierig. Bei Wilhelm Voigt, den es ja darzustellen gilt, handelte es sich um einen versierten Kleinkriminellen des 20. Jahrhunderts. Voigt führte brave preußische Soldaten und Beamte, möglicherweise auch Mitglieder des Köpenicker Tourismusvereins, in einer ihm nicht zustehenden Uniform gefährlich in die Irre und ergaunerte sich auf diese Weise Geld. Aus unerklärlichen Gründen wurde der Gesetzesbrecher später vorzeitig begnadigt, besungen und in unzähligen Theaterstücken, Büchern und Filmen (dargestellt etwa vom eher undiversen Heinz Rühmann) gewürdigt. Voigt starb in Luxemburg, wo er wahrscheinlich noch nicht mal Steuern bezahlte.

Erwartet der Arbeitgeber hier also einen "sensiblen Umgang mit gesellschaftlicher Diversität", so wird er der Rolle nicht gerecht. Vielmehr sollte der Darsteller (m/w/d) unsensibel, egozentrisch und geldgeil sein. In seinem (oder ihrem) Lebenslauf sollten sich erste Erfahrungen in den Berufsfeldern Beschaffungskriminalität, Alkoholmissbrauch sowie Staatsgefährdung finden. Erst wenn man davon ausgehen kann, dass der (oder die) Minijobber*in direkt nach dem Stellenantritt die vollständige Machtübernahme nicht nur des Köpenicker Tourismusvereins, sondern auch des dazugehörigen Rathauses, der Region Brandenburg sowie der gesamten Welt anstrebt, darf in diesem Fall über weitere Details gesprochen werden.

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