Berlin:Baden gegangen

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Direkt neben dem wiederaufgebauten Stadtschloss sollen die Berliner irgendwann baden gehen können. Also vielleicht. (Foto: Jörg Carstensen/picture alliance/dpa)

Schwimmen in der Spree? Die Idee bekam von der Politik viel Zuspruch und viel Geld. Trotzdem warten die Berlinerinnen und Berliner seit Jahren auf ihr Flussbad.

Von Verena Mayer

Spätestens seit die Pariser Bürgermeisterin anlässlich der Olympischen Spiele in die Seine stieg und ein paar Meter kraulte, erinnerte man sich in vielen Großstädten daran, dass ja Flüsse durch sie hindurchfließen. Dass es kein Naturgesetz ist, dass diese verdreckt oder vergiftet sind. Und dass es keine Utopie sein muss, darin zu schwimmen.

In einer Metropole wird schon seit mehr als zehn Jahren an der Idee gearbeitet, im historischen Zentrum ein Flussbad zu errichten. Ein paar Hundert Meter lang, mit einer Filteranlage und einer Freitreppe zum Wasser. Es handelt sich um Berlin, die Stadt, in der Trends immer früher aufpoppen als anderswo. In der aber auch die Erklärung zu finden ist, warum es dieses Flussbad bis heute nicht gibt, und das trotz Rückhalts aus der Politik und hoher Fördergelder. Oder wie es Tim Edler, einer der Initiatoren des Projekts, ausdrückt: „Es ist mit dem Flughafen vergleichbar.“

Tim Edler wirbt seit Jahren für das Flussbad, so auch in diesem Sommer. (Foto: Maurizio Gambarini/IMAGO/Funke Foto Services)

Die Mauer, an der die Freitreppe entstehen soll, hat Karl Friedrich Schinkel geplant

Rückblick: 2014 ging eine Gruppe von Architekten und Künstlern mit einem Plan für ein Flussbad an die Öffentlichkeit, der zuvor schon einen renommierten Preis für nachhaltige Stadtentwicklung erhalten hatte. An der Museumsinsel, dort, wo es um 1900 schon mal eine Badestelle gegeben hatte, wollten sie das Wasser der Spree filtern und mit einer weitläufigen Freitreppe zugänglich machen.

Die Idee hatte für viele etwas Bestechendes. Das Flussbad wäre mitten in der Stadt, dort, wo es am wenigsten Natur und die meisten Menschen gibt. Und sie wäre nicht besonders kompliziert umzusetzen, zumindest im Vergleich zum Stadtschloss, das von 2013 bis 2020 wiederaufgebaut wurde. Laut dem Berliner Senat hat der Verein Flussbad bisher 7,4 Millionen Euro Zuschüsse erhalten, es wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, ein Projektbüro betrieben, Veranstaltungen wurden organisiert.

So soll der Zugang zur Spree nach den Plänen des Vereins aussehen. (Foto: Maurizio Gambarini/IMAGO/Funke Foto Services)

Doch es ist das eine, in Berlin eine gute Idee zu haben. Und etwas vollkommen anderes, sie umzusetzen. Tim Edler kann am Telefon nicht die eine Ursache nennen, warum es das so geförderte und gewollte Flussbad noch immer nicht gibt. Es ist eher die Summe der Berliner Strukturen. Bei dem Bauprojekt reden mehrere Senatsverwaltungen mit. Der Bund muss eingebunden werden, weil die zukünftige Badestelle an einer Wasserstraße liegt, und der Denkmalschutz, weil die Kaimauer, an der die Freitreppe entstehen soll, von Karl Friedrich Schinkel geplant wurde. „Man muss wahnsinnig viele Leute an einen Tisch kriegen“, sagt Edler. „Die Wahrscheinlichkeit, dass es klappt, ist klein.“ Dazu kommen in Berlin Probleme mit der Kanalisation. Wenn es stark regnet, wird sie zum Überlaufen gebracht, und das Abwasser landet mit all seinen Haushaltsabfällen und Straßenschmutz direkt in der Stadtspree.

Derzeit werde, wie es aus der zuständigen Verwaltung für Stadtentwicklung heißt, „die Machbarkeit und Umsetzbarkeit einer Pilotbadestelle“ geprüft. Wie die aussehen soll, wer sie bauen und betreiben soll, ist noch unklar. Und es würden Messreihen erhoben, um bis Ende 2024 „eine ausreichende Datengrundlage“ zu bekommen, ob die Wasserqualität überhaupt zum Baden taugt. Ausgang ungewiss. Bevor ihr Projekt nun endgültig baden geht, wollen die Initiatoren es noch mit einer einfacheren Lösung versuchen. Edler zufolge könnte täglich gemessen und berechnet werden, wann das Spreewasser zum Baden geeignet ist und wann nicht. Um dann schwimmen zu gehen, bräuchte man nur einen Steg und ein paar Treppen. Bis dahin müssen alle Berlinerinnen und Berliner, die in einem Hauptstadtfluss baden wollen, wohl nach Paris fahren.

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