Berlin:Erneut Mann in U-Bahnhof zusammengeschlagen

In Berlin hat es wieder mehrere Übergriffe gegeben - von Jugendlichen, aber auch von einem Rechten. Die Polizei sucht indes weiter nach einem Rocker als Zeugen des Überfalls im U-Bahnhof Lichtenberg.

Zehn Tage nach einem Überfall auf zwei Handwerker im U-Bahnhof Lichtenberg ist in Berlin erneut ein Mann von Jugendlichen zusammengeschlagen worden. Fünf bis sechs Jugendliche griffen nach Polizeiangaben am Sonntagabend am Hansaplatz in Tiergarten einen 45-jährigen Mann an, der dem Obdachlosenmilieu zuzurechen ist. Die Täter schlugen dem Opfer ins Gesicht und raubten ihm Zigaretten, Getränke und zwei Schlafsäcke, wie ein Polizeisprecher sagte. Sie konnten flüchten.

U-Bahnhof Lichtenberg

Rechtsextremisten versuchen, den Überfall der Jugendlichen mit ausländischem Hintergrund zu instrumentalisieren. Bei einer Mahnwache der rechtsextremen NPD am Bahnhof Lichtenberg wurde eine Linken-Politikerin angegriffen.

(Foto: dpa)

Der Mann erlitt einen Nasenbeinbruch, sagte der Sprecher weiter. Ein Passant alarmierte die Feuerwehr, die das Opfer in ein Krankenhaus brachte. Dort wurde ein Nasenbeinbruch ambulant behandelt. Die Klinik habe die Polizei informiert.

Zuvor war es in Berlin zu weiteren teils brutalen Übergriffen gekommen. So wurde ein 17-jähriger Tourist am S-Bahnhof Landsberger Allee erst geschlagen, getreten und dann ausgeraubt. In einer Grünanlage am Blochplatz in Mitte wurde ein 19-Jähriger überfallen und schwer verletzt. Schließlich wurde ein 21-Jähriger am Freitagabend in Berlin-Reinickendorf von einem Taschendieb beschossen, als er einer bestohlenen Rentnerin zu Hilfe eilen wollte.

Unweit des Tatortes des Überfalls auf die Handwerker am U-Bahnhof Lichtenberg wurde außerdem am Freitagabend eine Bezirksverordnete der Linkspartei vermutlich von einem Rechtsextremisten angegriffen. Die 59-Jährige wollte Flyer verteilen, als der Mann auf sie zu kam, plötzlich mit der flachen Hand ausholte und sie am Hinterkopf traf. Zeitgleich zu dem Vorfall fand vor dem Bahnhof eine Veranstaltung gegen eine Mahnwache der rechtsextremen NPD statt.

Lichtenberg-Opfer weiter im Koma

Vor zehn Tagen war an dieser Stelle ein Handwerker brutal zusammengeschlagen und lebensgefährlich verletzt worden. Der Zustand des 30-Jährigen ist unverändert. Der Mann liege weiter in einem Unfallkrankenhaus im künstlichen Koma, sagte eine Polizeisprecherin am Montag. Der Handwerker soll Medienberichten zufolge aber in dieser Woche allmählich aus dem Koma geweckt werden.

Der 30-Jährige war von vier Jugendlichen zusammengeschlagen worden. Anschließend stahlen sie ihm das Handy. Ein 14-Jähriger und drei 17-Jährige wurden als Tatverdächtige festgenommen. Sie sitzen wegen zweifachen versuchten Raubmordes in Untersuchungshaft.

Ein zweiter Handwerker wurde bei dem Überfall nur leicht verletzt, weil ihm ein Unbekannter geholfen hatte. Dieser habe den Jugendlichen seine Rockerkutte sowie eine Machete gezeigt, sagte der ebenfalls 30-jährige Maler nach Angaben der Bild-Zeitung.

Polizei sucht Rocker

Nach diesem Retter sucht die Polizei. Einer Bitte, sich als Zeuge zu melden, ist er bisher nicht nachgekommen. Nach unbestätigten Berichten soll er ein Mitglied der Rockerbande "Bandidos" sein.

Nach einem Bericht der Berliner Morgenpost ist es für die Ermittler gleichwohl nicht überraschend, dass sich das mutmaßliche Bandidos-Mitglied bisher der Polizei nicht als Zeuge zur Verfügung gestellt hat. Schon eine Identifizierung als Mitglied eines Rockerklubs wäre - aufgrund ihrer Verstrickungen in zahlreiche kriminelle Aktivitäten - für den dringend gesuchten Zeugen mehr als unangenehm, sagte ein Beamter dem Blatt.

Die Fahnder suchen auch weitere Zeugen des Übergriffs. Bislang seien Hinweise im "unteren zweistelligen Bereich" eingegangen, sagte eine Sprecherin. Obwohl Passanten die Attacke beobachtet hatten, schritt niemand ein. Nur ein einziger Zeuge wählte den Notruf.

"Sieg Heil"-Rufe dementiert

Das zweite Opfer schilderte am Wochenende der Bild-Zeitung zudem den Verlauf der Gewalttat, konnte sich dem Bericht nach aber nicht mehr an den Auslöser des Streits erinnern. Der 30-Jährige wies zugleich die Behauptung der aus Einwandererfamilien stammenden Jugendlichen zurück, dass er und sein Begleiter "Sieg Heil" gerufen hätten. Auch die Polizei vermutete hierin eine Schutzbehauptung der Tatverdächtigen.

Rechtsextremisten versuchen indes, den Überfall der Jugendlichen mit ausländischem Hintergrund zu instrumentalisieren. Die rechtsextreme NPD hatte am Freitag am Bahnhof Lichtenberg eine Mahnwache abgehalten. Am Rande der Veranstaltung war die Linken-Politikerin von einem mutmaßlichen Mitglied der rechten Szene angegriffen worden. Die Straße nahe dem Bahnhof Lichtenberg gilt als beliebte Gegend für Neonazis.

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