Opfer der Berliner Amokfahrt:Nach dem Schock

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Vor der Kaulbach-Schule in Bad Arolsen legt eine Frau Blumen nieder. (Foto: Timm Reichert/Reuters)

Bei der Amokfahrt in Berlin wurde eine Lehrerin einer hessischen Schule getötet, mehrere Schülerinnen und Schüler sind schwer verletzt. Wie geht es für sie nun weiter?

Von Gianna Niewel, Frankfurt

Die Kaulbach-Schule in Bad Arolsen in Nordhessen ist am Donnerstag geöffnet. Für die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler, sie sollen reden können über ihre Trauer, ihren Schock, über die Bilder aus Berlin: Sanitäterinnen, die Bahren in Krankenwagen schieben, Polizisten, die den Tatort abriegeln. Zersplittertes Glas, umgefallene Blumenkübel, Flatterband.

Am Mittwochmorgen ist am Kurfürstendamm ein Mann mit seinem Auto in eine Gruppe Menschen gefahren. Darunter: die zehnte Klasse der Kaulbach-Schule, das waren 24 Schülerinnen und Schüler, die ihre Prüfungen geschrieben hatten und nun die Hauptstadt besuchten. Eine Lehrerin wurde getötet, ein Lehrer schwer verletzt. Mehrere Jugendliche wurden lebensgefährlich verletzt, sieben liegen noch im Krankenhaus, sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag.

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Wie soll man da weitermachen?

Kurz nach der Tat wurden die unverletzten Schülerinnen und Schüler in einem Hotel psychologisch betreut, in der Nacht fuhren sie dann zurück nach Hessen. Dort vor dem Schulgebäude stehen weiße Rosen, brennen Grablichter. Die Homepage ist vom Netz genommen.

Bereits seit Mittwoch ist die Polizei an der Haupt- und Realschule, sagte Polizeisprecher Dirk Richter, im Krisenstab sind außerdem Notfallseelsorger, der Jugendkoordinator, der Opferschutzbeauftragte. Während sie zunächst vor allem die Eltern betreuten, würden sie gerade allen Redeangebote machen, die reden wollten. Richter, der seit 40 Jahren bei der Polizei ist, sagt: "Das schockiert einen natürlich, weil man nicht versteht, wieso jemand so etwas tut."

"Wir haben hier ein Schulzentrum in einem kleinen Mittelzentrum", sagte Jürgen van der Horst, der parteilose Landrat des Kreises Waldeck-Frankenberg. In Bad Arolsen mit seinen 16 000 Einwohnerinnen und Einwohnern kenne jeder jeden, und deshalb sei die ganze Stadt betroffen. Er sprach von einem "schlimmen Tag mit schlimmen Nachrichten".

An diesem Donnerstag war die Schule dann bewusst offen, sie solle ein "Ort des Dialogs" sein, sagte der Landrat. Ein Andachtsraum werde eingerichtet. Die Schule nahm die Schülerinnen und Schüler aus Berlin in Empfang, abgeschirmt durch Polizei und Ordnungsamt, es wurde aber auch regulärer Unterricht angeboten, Psychologen sind weiterhin vor Ort.

Gegen Mittag kam auch der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). "Es ist für uns ein ganz schwerer Tag, und wir haben ganz schwere Herzen", sagte er. Dass es eine Schülergruppe getroffen habe, die aus Freude nach Berlin gekommen sei, mache das Geschehen umso tragischer. Das Verhalten des Kollegiums und der Schulleitung beschreibt Rhein als besonnen und souverän. Das gebe der gesamten Schulgemeinde Halt und Stabilität.

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