Benedikt XVI. in Frankreich:Sarkozys neuer Verbündeter

Eigentlich sollte es eine fromme Pilgerfahrt werden. Nun schimpft die Opposition, dass Sarkozy den Papst wie einen Staatschef empfangen hat.

Zunächst sollte es nur eine fromme Pilgerfahrt werden. Der Wallfahrtswort Lourdes hatte Papst Benedikt XVI. Zum 150. Jubiläum der Marienerscheinungen eingeladen. Doch als der Papst am Freitag in Paris landete, hatte sich der ursprünglich geplante Charakter der viertägigen Reise verwandelt: Staatspräsident Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni empfingen Benedikt auf der Landebahn, der rote Teppich war ausgerollt. Eine Militärkapelle spielte auf, Dutzende Würdenträger aus Politik und Kirche machten dem bescheidenen Gast aus dem Vatikan den Hof.

Sarkozy und Papst Benedikt

Militärkapelle, roter Teppich - so empfing Sarkozy Papst Benedikt - sehr zum Missfallen der opposition.

(Foto: Foto: dpa)

Die Opposition schimpfte, dass Sarkozy den Papst wie einen Staatschef in den Élysée-Palast geladen hatte. Und das im streng laizistischen Frankreich, in dem seit 1905 über die Trennung von Kirche und Staat gewacht wird. Der Pariser Erzbischof Kardinal André Vingt-Trois hatte den Termin zuvor noch als Höflichkeitsempfang kleinreden wollen. Doch Sarkozy hatte mehr im Sinn. Er nutzte den hohen Besuch geschickt, um für sein im eigenen Land heftig umstrittenes Konzept einer "positiven Laizität" zu werben. Er propagiert die Rückbesinnung auf die "christlichen Wurzeln", den offenen Dialog zwischen Religion und Politik.

Als der 81-jährige Papst langsam auf das Rednerpodium im Festsaal des Élysée-Palastes trat, vor der Ministerriege, der Patchwork-Familie Sarkozys und Angehörigen der verschiedenen Religionen, hätte er dem Hausherren keinen größeren Gefallen tun können. Mit seiner Rede machte er sich zum Verbündeten des Staatschefs. Er lobte den "schönen Begriff der positiven Laizität" und pochte auf die Bedeutung der Kirche für die Gesellschaft.

"Religion und Politik müssen offen füreinander sein", sagte er. Die Politik müsse "der unersetzlichen Funktion der Religion für die Gewissenbildung deutlicher bewusstwerden."

"Die Zeit für konstruktivere Vorschläge ist gekommen"

Das ist in Frankreich alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Die katholische Kirche leidet dort besonders heftig unter Priester- und Kirchgängerschwund, immer mehr Gotteshäuser bleiben an den Sonntagen verwaist, in der öffentlichen Debatte ist ihre Stimme kaum zu hören. Parallel gewinnt die muslimische Religionsgemeinschaft an Bedeutung. Das vor einigen Jahren eingeführte Kopftuch-Verbot zeigte auch die Sorge vor einem wachsenden Einfluss des Islams auf die Gesellschaft.

Sarkozys Antwort ist eine andere: Er will der christlichen Tradition wieder mehr Geltung verschaffen. "Es wäre Wahnsinn, uns ihr zu berauben", sagte er an der Seite des Papstes. "Ein Vergehen an der Kultur und am Denken." Er betonte, dass die Würde des Menschen im Zentrum der christlichen Lehre stehe und das Christentum so auch Orientierung für die Politik geben müsse. Er ging gar soweit, die Würde des Menschen als Leitmotiv seiner strikten Einwanderungspolitik zu reklamieren. Dabei springen in Frankreich aus Angst vor Zwangsabschiebungen immer wieder Menschen aus den Fenstern in den Tod.

Wenn der Papst Sarkozy auch den Gefallen tat, sich zum Verbündeten für eine positive Laizität zu erklären, so brachte er zugleich seine Enttäuschung über die gegenwärtige Politik zum Ausdruck. Die Kluft zwischen Arm und Reich werde immer größer, sagte er und wurde zum Mahner: "Der Zustand unseres Planeten macht mir Sorge. Wir müssen ihn mehr schützen. Der Zeitpunkt für konstruktivere Vorschläge ist gekommen." Ob Sarkozy auch die Botschaft beherzigen wird?

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