Süddeutsche Zeitung

Belgien:Geiseldrama im Gefängnis endet blutig

Lesezeit: 1 min

In einem überfüllten Gefängnis wird ein Wächter als Geisel genommen und schwer verletzt, die Polizei erschießt einen Häftling. Nun streikt in Belgien das Wachpersonal.

Nach einer Geiselnahme in einem überfüllten Gefängnis und dem Tod eines Häftlings sind in Belgien die Gefängniswärter in den Streik getreten.

Die Unruhen im Gefängnis von Löwen waren ausgebrochen, als ein Gefangener während eines Streits mit anderen Häftlingen plötzlich ein Messer zog. Ein Aufseher wurde beim Versuch, dem Mann die Waffe zu entwenden, schwer verletzt. Auch ein Häftling erlitt schwere Verletzungen. Mehrere Gefangene nahmen daraufhin einen Wärter als Geisel. Ein Sondereinsatzkommando erschoss am frühen Freitagmorgen beim Versuch der Geiselbefreiung einen Häftling.

Einem spontanen Streik der Vollzugsbeamten in Löwen schlossen sich im Laufe des Freitags etwa zwei Drittel der Kollegen im ganzen Land an. In die Gefängnisse rückten vorübergehend Polizisten ein. Die Häftlinge mussten in den Zellen bleiben.

Die Gewerkschaft der Strafvollzugsbeamten forderte bessere Ausrüstung und bessere Arbeitsbedingungen für das Wachpersonal. Sie wies auf gravierende Mängel im Strafvollzug des Landes hin. Justizminister Stefaan De Clerck versprach Gespräche und Verbesserungen.

In Belgien kommt es laut Gewerkschaft jeden Monat zu mindestens zwei bis drei gewaltsamen Zwischenfällen in Gefängnissen. Die für maximal 10.400 Personen ausgelegten Zellen sind mit knapp 13.000 Insassen belegt. An diesem Samstag will die belgische Regierung im niederländischen Tilburg einen Vertrag über die langfristige Anmietung von zusätzlich 500 Zellen unterzeichnen. Der Bau von sieben neuen Gefängnissen ist geplant, doch bisher fehlt das Geld.

"Das Personal ist nicht ausgerüstet, um der Gewalt entgegenzutreten", sagte der Gewerkschafter Gino Hoppe am Freitag. "Und die Gefängnisse sind auch nicht richtig ausgerüstet." Überall gebe es etwas zu reparieren. "In Löwen sind es die Überwachungskameras, anderswo sind es technische Geräte. In zwei Gefängnissen mussten wir kürzlich streiken, um ein Telefon und ein Funksprechgerät zu bekommen."

Er kritisierte auch Justizminister De Clerck: "Der hat jede Menge Pläne, aber es ändert sich nichts."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.139607
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
dpa/afis
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.